Bädersterben und 700.000 Nichtschwimmer: Land unter in Österreich

Eine Gruppe von Menschen steht mit Schwimmnudeln im Schwimmbad.
Analyse: Welche Vorbilder vielen Nichtschwimmern fehlen, warum sich die Zahl der Bäder reduziert und wie man sich bei Gefahrensituationen im Wasser richtig verhält.

Die Zahlen lesen sich dramatisch: 700.000 Österreicher ab einem  Alter von sechs Jahren können nicht  schwimmen.

Zur Einordnung: Das entspricht  in etwa der Einwohnerzahl der vier Landeshauptstädte Graz, Linz, Salzburg und Sankt Pölten zusammen. Das ergibt die aktuelle Ersterhebung „So schwimmt Österreich“ des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV).

Die Gründe für die hohe Zahl an Nichtschwimmern sind vielfältig: „Laut unserer Erhebung gibt es einen gewissen Zusammenhang zwischen dem Bildungs- und Einkommensniveau der Eltern auf der einen Seite – und den Schwimmfertigkeiten ihrer Kinder auf der anderen“,  sagt Armin Kaltenegger vom KFV.

700.000 Menschen in Österreich können nicht schwimmen

Auch er erinnert sich daran, dass der „Mundl“ Sackbauer, die Hauptperson in der TV-Serie „Ein echter Wiener geht nicht unter“, kein exzellenter Schwimmer war: „Laut unserer Erhebung gibt es einen gewissen Zusammenhang zwischen dem Bildungs- und Einkommensniveau der Eltern und den Schwimmfertigkeiten ihrer Kinder.“ Sieben von zehn Kindern, die schwimmen können, gaben bei der Studie zu Protokoll, dass sie dies von ihren Eltern gelernt haben.

Land der Planscher

Gleichzeitig gibt es zunehmend mehr Eltern, die es nicht mehr als notwendig erachten, dass ihre Kinder schwimmen lernen. Das meint zumindest Ralph Hamburger, Besitzer einer Schwimmschule im niederösterreichischen Perchtoldsdorf (Bezirk Mödling) und Rettungsschwimmer-Ausbildner der Österreichischen Wasserrettung (ÖWR).

Hamburger nennt dafür zwei Gründe: „Zum einen hat das mit den zahlreichen privaten Swimmingpools zu tun. Um dort zu planschen, muss man nicht zwingend schwimmen können. Zum anderen mit der Migration: In vielen Kulturkreisen wird Schwimmen als nicht so wichtig betrachtet. Dementsprechend können es die Eltern oft nicht und geben es auch nicht den Kindern mit.“

Einen weiteren Grund sieht der Schwimmlehrer im Zusperren von öffentlichen Bädern, deren Kosten sich Gemeinden am Land nicht mehr leisten können.

Eine Infografik über die Schwimmfähigkeit der Österreicher, einschließlich Statistiken zu Nichtschwimmern und Ertrinkungsunfällen.

Dass Schwimmen auch in Schulen nicht mehr ausreichend unterrichtet wird, ist auch für die Wasserrettung ein Problem. Der verpflichtende Schwimmkurs ist daher eine ihrer Forderungen, sie scheitert jedoch nicht zuletzt an den fehlenden Bädern in vielen Gemeinden.

Frauen nehmen an einem Wassergymnastikkurs mit Schwimmnudeln teil.

Kinder lernen schneller

Laut Bildungsdirektion Niederösterreich ist der verpflichtende Schwimmkurs nicht Teil des Gesetzes. Allerdings arbeitet man an Projekten, wie Sprecher Fritz Lengauer erzählt: „Wir machen zum Beispiel in der fünften Schulstufe Schwerpunktprojekte zum Thema Schwimmenlernen.“

Pädagogen raten, mit dem Schwimmen so früh wie möglich zu beginnen: „In den jüngeren Jahren ist vor allem die Gewöhnung an das Wasser von großer Bedeutung, um die Angst zu nehmen“, erklärt ÖWR-Sprecher Daniel Fleischhacker. Für Ralph Hamburger ist es aber nie zu spät, seine Schwimmschule zu besuchen: „Natürlich geht es als Kind leichter. Aber in den vergangenen Jahren kommen zu uns immer mehr Erwachsene und Pensionisten, die einen Kurs buchen.“

Eltern rät Harald Hertz, Chefarzt beim Wiener Roten Kreuz, eindringlich zur Vorsicht: „Kinder entwickeln erst mit sechs, sieben Jahren die motorischen Fähigkeiten, um gut schwimmen zu können. Nicht früher.“ Fatal: „Kinder ertrinken, ohne einen Laut von sich zu geben.“

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