EU fordert Abkehr von Kupfernetzen
Die großen Telekom-Anbieter in Europa sollen Konkurrenten bald zu günstigeren Preisen ihre Kupferleitungen nutzen lassen. Die EU-Kommission regte am Montag in Brüssel an, die behördlich geregelten Zugangsentgelte für diese Netze zu senken, um die Branche zu Investitionen in superschnelle neue Glasfasernetze zu drängen. EU-Telekomkommissarin Neelie Kroes kritisierte auf einer Konferenz des Branchenverbandes ETNO erneut, dass die Unternehmen sich bisher mit den notwendigen Investitionen zurückhielten.
Ein Grund könne sein, dass die Betreiber der schon längst abgeschriebenen
Kupfernetze über die Nutzungsentgelte hohe Gewinne einstrichen und der Abschied von den alten Netzen sich deshalb nicht lohne. Kroes stellte deshalb zur Diskussion, die Entgelte für Kupfernetze zu senken - es sei denn, ein Telekom-Konzern verpflichtet sich zum Ausbau des Glasfasernetzes in einem bestimmten Zeitraum.
Ehemalige Monopolisten gegen EU-Plan
Je nach Marktposition fielen die Reaktionen auf den Vorschlag der Kommissarin unterschiedlich aus. Der Vorsitzende von ETNO, Luigi Gambardella, warnte davor, niedrigere Entgelte für die Kupfernetze bestraften die Betreiber und nehme ihnen den Anreiz, in die neuen Hochgeschwindigkeitsnetze Geld zu stecken. Dem Verband gehören die Branchengrößen
Deutsche Telekom, Telecom Italia oder France Telecom an - allesamt ehemalige staatliche Monopolisten, denen die Leitungsnetze gehören.
Der Konkurrenz-Verband ECTA, der neuere Anbieter wie Vodafone vertritt, begrüßte den Plan. "Die Netzanbieter in vielen Ländern machen exzessiven Profit mit ihrer weitgehend schon abgeschriebenen Kupfer-Infrastruktur", erklärte der Verband. Die Preise für die Kunden seien deshalb zu hoch, die Glasfasernetze würden nicht ausgebaut. ECTA warnte die Regulierer zugleich, zu hohe Nutzungsentgelte für den Zugang zu den neuen Netzen zu erlauben.
Glasfaserausbau forcieren
Die EU-Kommission kann über die nationalen Telekom-Aufsichtsbehörden Einfluss auf die Großhandelspreise nehmen. Sie könnte eine Empfehlung aussprechen. Diese wäre zwar nicht verbindlich, doch die nationalen Behörden setzen sie meistens um.
Die
EU will bis 2013 für alle Bürger eine Basisversorgung mit schnellen Internet-Zugängen sicherstellten. Bis 2020 soll die Qualität der Versorgung weiter verbessert werden. Dafür müssen nach Expertenschätzungen bis zu 300 Mrd. Euro investiert werden. Die Kommission berät schon länger mit führenden Repräsentanten der Branche, wie der Netzausbau vorankommen kann. Die Telekom-Konzerne setzen sich dafür ein, dass die Aufsichtsbehörden möglichst wenig in die Preisgestaltung eingreifen.
Sie wollen hochprofitable Dienste anbieten können, um die Investitionskosten zu decken. Aus öffentlichen Kassen können dagegen nur begrenzte Mittel fließen. Die EU-Kommission hat für die Finanzierungsperiode 2014 bis 2020 6,4 Mrd. Euro an EU-Geldern für Breitband-Netze vorgesehen. Damit könnten private Investitionen über 100 Mrd. Euro angestoßen werden, sagte Kroes. Zunächst müssen sich allerdings die EU-Staaten und das Europäische Parlament einigen - dazu haben sie noch bis Ende 2012 Zeit.
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