Elsass-Weine im Wandel: Biodynamik und die Rolle des Pinot Noir

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Bio-Vorreiter und mehr Rotwein: Die traditionsreiche Weinregion im Osten Frankreichs verändert sich seit einigen Jahren.

Wenn es um Wein aus dem Elsass geht, muss man sagen: Es ist ein bisschen kompliziert. Einerseits Mini-Region im Osten Frankreichs, andererseits der höchste Anteil bio-zertifizierter Flächen im Land. Die Gesamtweinbaufläche ist dazu auch noch in 51 unterschiedliche Terroirs unterteilt, dazu kommen mehrere Wein-Klassifizierungen, Ursprungsbezeichnungen und Einzellagen. Und der Crémant, dieser fein sprudelnde Verwandte des Champagners, ist wieder eine ganz eigene Wissenschaft.

Weine aus dem Elsass haben seit Jahrhunderten einen hervorragenden Ruf in der Weinwelt. Lange galten sie aber eher als kräftige Essensbegleiter, wie sich Stephan Gleich, Sommelier in der Wiener „Rundbar“, an seine „Wein-Anfänge“ erinnert. „Etwas rustikaler, oft mit sehr viel Schmelz“, findet er.

Bio-Vorreiter

Doch in den Weingütern, die gar nicht selten schon in 12., 13. oder 14. Generation bewirtschaftet werden, hat sich in den vergangenen Jahren viel getan: „Das herkunftsgeprägte Klima und der biodynamische Weinbau sind heute die Trümpfe des Elsass. Sie haben die Region wieder ins internationale Spiel gebracht“, sagt der deutsche Wein-Experte Sascha Speicher.

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Wie viele Regionen habe auch das Elsass generell mit Rückgängen im Weinabsatz zu kämpfen. Sommelier Gleich entdeckte das Elsass jedenfalls über die Naturweine neu. „Ich kam da auf Weine, die einen ganz eigenen Stil hatten. Die Bandbreite im Elsass ist enorm, von klassisch bis freaky.“

Diese Vielfalt von großen Winzernamen, der Naturweinbewegung und jungen Winzer trage das Elsass momentan und befeuere die Neuentdeckung der Region, ergänzt Speicher. Etwa in der Bio-Bewegung hat das Elsass eine Vorreiterrolle. 35 Prozent der Anbauflächen sind bio-zertifiziert, in Gesamt-Frankreich 21.

 

Nachholbedarf auch für Sommeliers

Einiges blieb sogar in der heimischen Sommelier-Szene unentdeckt. Eine Umfrage im Mai 2025 zeigte, dass der Großteil nur ein grobes Bild über den Elsässer Wein hat. 15 Prozent der Befragten sahen etwa den Riesling nicht als typische Sorte des Elsass.

Tatsächlich ist Riesling mit mehr als 21 Prozent Anbaufläche die Hauptsorte. Ebenso häufig wird nur noch der Pinot Blanc angebaut. Aus gutem Grund, er ist der Ausgangswein für die Crémant-Produktion. „Elsässische Rieslinge stehen nach wie vor für große Weine“, sagt Speicher. Die Mineralität der Böden bringe eine klare Säure. Was ihn von österreichischen oder deutschen Rieslingen unterscheidet und eine Art Markenzeichen ist: „Im Elsass reifen sie Weine länger. Momentan werden die Jahrgänge 2020 und 2021 getrunken.“

Namen nach Rebsorten

Ebenso spannend: Im Elsass verdanken die Weine ihre Namen in erster Linie den Rebsorten. Untrennbar mit dem Landstrich ist da der Gewürztraminer verbunden, er wird auf knapp 19 Prozent der Fläche angebaut. Und so wird man auch kaum eine Verkostung Elsässer Weine finden, bei der nicht dabei ist. Viele mögen ihn aufgrund seiner Süße nicht, weiß Speicher. „Aber er ist ein hervorragender Speisenbegleiter.“ Traditionell gilt Gewürztraminer als „guter Partner“ für Käse. Speicher sieht in modernen Pairings auch als Alternative zum Sake-Trend, „wenn man mit der Weinbegleitung nicht in die asiatische Richtung gehen will“.

Pinot Noir im Kommen

Die Weißwein-Dominanz heißt aber nicht, dass es keinen Rotwein im Elsass gäbe. Der Pinot Noir ist zwar die einzige rote Sorte, die angepflanzt wird – mit knapp 10 Prozent rangiert sie deutlich hinter den weißen. Er gewinnt aber an Bedeutung, Speicher sieht durch den Trend zu kühleren, fruchtigen Rotweinen Chancen.

Den Reben macht auch hier der Klimawandel zu schaffen. Das vielfältige Klima biete jedoch neue Chancen. „Die Hauptanbauzentren, wo sich derzeit viel tut, liegen im Norden und in den Seitentälern – und dort ist es kühler.“

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