Unbeschwertes Kinderlager, nasskaltes Zelt beim Familiencamping, Festival-Feeling oder lockere Studenten-WG: Kaum ein Lebensabschnitt, in dem Ravioli aus der Dose nicht eine prägende Rolle spielten. Und interessanterweise noch immer zu einem gewissen Teil spielen. Allein in Deutschland bringt Maggi 28 Millionen Dosen mit den Teigtaschen in Tomatensauce unter die Leute.
Exakt vor 65 Jahren, am 14. Mai 1958, wurden im deutschen Maggi-Werk in Singen am Bodensee die ersten Ravioli mit Tomatensauce zur Konserve verarbeitet. Damit wagte sich der als Suppenwürze-Hersteller bekannte Konzern über sein erstes Fertiggericht. Dass es ausgerechnet ein italienischer Klassiker war, erklärt sich aus der Italien-Liebe der Nachkriegsgeneration einerseits. Andererseits spielte wohl auch die zunehmende Berufstätigkeit der Frauen eine Rolle.
Das Aufkommen von Fertiggerichten half, ein warmes Mittag- oder Abendessen schnell auf den Tisch zu bekommen. In der Schweiz, wo mit dem Tessin italienisches Lebensgefühl noch präsenter ist, füllte ein Hersteller übrigens schon vor 75 Jahren Ravioli in Dosen. Die Ursprünge des Kultgerichts liegen aber in Italien. Im Ersten Weltkrieg war es Teil der Frontverpflegung.
Entwicklung
Die Verpflegung seiner riesigen Armeen veranlasste Napoleon Bonaparte 1795 dazu, einen Preis für die Entwicklung einer Haltbarkeitsmethode auszuschreiben. Diesen gewann der Zuckerbäcker Nicolas Appert, der Lebensmittel in Glasflaschen erhitzte und dann luftdicht verschloss. Darauf baute der Brite Peter Durand auf, verwendete aber ein Behältnis aus Weißblech. 1810 ließ er sich seine Erfindung patentieren
Dosenöffner
Erst 1870 wird der Dosenöffner patentiert. Bis dahin durchstießen Soldaten den Deckel oft mit ihren Bajonetten. Auch Hammer und Meißel wurden benutzt
20. Jahrhundert
Um 1900 setzt sich die vollautomatische Produktion von Konservendosen durch. Nach dem Zweiten Weltkrieg erobern die Blechdosen auch die Privathaushalte. Erst das Aufkommen von Tiefkühlkost bremst diesen Siegeszug
Auswahl
Auch wenn manche Fans die Ravioli in der Not kalt aus der Dose löffeln – spätestens mit dem Trend zu Fertignudelgerichten zum Aufgießen mit heißem Wasser änderte sich der Geschmack der Käufer. Und seit Haubenköche für Supermärkte frisch gefüllte Teigwaren kreieren, erst recht.
Zuletzt sorgte die Pandemie für Zuwächse in diesem Segment: Die AMA-Analyse des Kaufverhaltens ergab Zuwächse bei den sogenannten Nass-Fertiggerichten, zu denen auch Dosenravioli zählen. Im ersten Quartal 2020 (ab 16. März wurde der erste Lockdown verhängt) gingen um 42 Prozent mehr über die Ladentische als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.
In den Supermarktregalen sind die italienischen Teigtaschen im Vergleich zu anderen Speisen aus der Dose allerdings etwas unterrepräsentiert. Zumindest vom heimischen Produzenten Inzersdorfer gibt es sie, wenn auch im unteren Regaldrittel einsortiert. Vielleicht sind den Österreichern schlicht Serbische Bohnensuppe oder Rindsgulasch näher als Ravioli.
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