Gar kein Holler! Warum die kleinen Beeren besser sind als ihr Ruf

Gar kein Holler! Warum die kleinen Beeren besser sind als ihr Ruf
Nicht jeder mag Holunder. Warum die gesunden Beeren die Geschmäcker so spalten - und was man jetzt aus ihnen zaubern kann.

Der Kontrast könnte nicht größer sein: Die einen – weiß, zart und duftend. Die anderen – tiefschwarz, aromatisch, herb und mitunter etwas bitter. Wenig überraschend, dass auch die Gunst dieser beiden Vertreter von ein und demselben Strauch richtiggehend nach dem Schwarz-Weiß-Schema verteilt ist. Was die kulinarische Vielseitigkeit des Holunders zeigt. Dennoch: Der Geschmack der reifen Holunderbeeren, etwa in einem Hollerröster, gewinnt gegen den unverwechselbaren, blumigen Geschmack von, sagen wir, Holunderblütensirup eher selten.

Vielleicht nicht nur aus Geschmacksgründen. So winzig klein die schwarzen Beeren (botanisch korrekt Steinfrüchte) sind, so groß ist der Aufwand, den sie verlangen. Sie müssen händisch „abgerebelt“ werden, wie es landläufig genannt wird. Und das erfordert nicht nur Zeit, sondern auch viel Geduld. Jonny P. aus Mauer bei Amstetten in Niederösterreich hat beides. Die Herausforderung: Auf einer Dolde findet man manchmal drei verschiedene Fruchtperioden der Beeren – reife, überreife und noch grüne, die nicht vermischt werden sollten. „Bei einem Kilo sitzt man schon mal einen halben Tag oder länger“, sagt der 67-Jährige.

Gar kein Holler! Warum die kleinen Beeren besser sind als ihr Ruf

Das Sammeln, Rebeln und Verarbeiten von Holler hat der Pensionist über 25 Jahre hinweg zu seinem Hobby gemacht. Bis zu 65 Kilogramm rebelt er in guten Jahren schon mal. Und im Gegensatz zu jenen, die als Kinder zum „Holler-Abrebeln“ angehalten wurden und diese Aufgaben eher negativ in Erinnerung haben, hat Jonny P. daran Spaß. „Ich sitze gerne da und reble.“ Was er derzeit wieder sehr oft tut. Jetzt, im Spätsommer von Mitte August bis etwa Ende September, ist Holunder-Erntezeit.

Ob Likör, Röster oder Marmelade – die Beeren müssen immer auf mindestens 70 Grad erhitzt werden, roh sind sie ungenießbar. Und: Sie enthalten den giftigen Pflanzeninhaltsstoff Glykosid Sambunigrin. „Durch die Hitze wird er abgebaut“, erklärt Katja Batakovic, Expertin bei der niederösterreichischen Landesregierung und fachliche Leiterin der Bewegung „Natur im Garten“.

Unterschätzt

Volle Sträucher zu finden ist im Übrigen nicht schwierig. Sie wachsen noch heute in vielen Gärten, aber auch im freien Gelände. Die große Verbreitung ist nicht nur der Anspruchslosigkeit des Strauchs zu verdanken, sondern auch seines Einsatzes in der Volksmedizin, etwa als schweißtreibender Tee oder aufgrund des hohen Vitamin-C-Gehalts der Beeren. Schon allein ob dieses vernachlässigten alten Wissens wird Holunder heutzutage unterschätzt.

Auch kulinarisch, wie Holler-Fan Jonny P. findet.  Er selbst habe seit seiner Kindheit eine Leidenschaft für Holler. „Hollerröster,  zu Topfenknödeln oder einem Topfenauflauf, hab’ ich schon immer gern gegessen.“ Der Großteil seiner jährlichen Ernte wandert aber – da Holunder schnell verarbeitet werden sollte – vorerst in die Tiefkühltruhe und wird in mehreren Tranchen zu Likör. Sein Rezept verrät er zwar nicht. Aber man könnte ja mal Marmelade probieren. Oder Holunderwein, wie ihn etwa die Briten lieben. Dank Hefegärung wird dort aus dem Saft ein alkoholhaltiges Getränk. Und das würdigte Elton John schon 1972 im Song „Elderberry Wine“.

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