Satt mit Herz und Hirn
Fastenzeit für Katzen? Natürlich Unsinn. Vegane Ernährung? Völlig daneben. Katzen sind echte Fleischfresser: Fleisch liefert Eiweiß. Knochen tragen zur Deckung des Kalziumbedarfs bei. Herz und Hirn versorgen mit Taurin. Leber und Innereien enthalten Vitamin A und Spurenelemente; Sehnen und Knorpeln Phosphor. Mit Blut werden Eisen und Salze aufgenommen. Fett und Protein geht vor Pflanzliches und Kohlenhydrate.
"Der Stoffwechsel von Katzen ist darauf ausgerichtet, Beutetiere schnell und nahezu rückstandslos zu verdauen", sagt KURIER-Tiercoach Dagmar Schratter. Die Direktorin des Tiergarten Schönbrunn weiß, dass Biologisch Artgerechte Rohe Fütterung – kurze BARF – der natürlichen Ernährung von Katzen sehr nahekommt. Stephan Scheidl aus der Tierärztlichen Ordination Tiergarten Schönbrunn erklärt, wie ausgewogene BARF-Speisepläne ausgetüftelt werden, und wann Fertigfutter doch die bessere Wahl ist.
Wohlbefinden
BARF wurde ursprünglich für fleischfressende Haustiere, in erster Linie für Hunde, entwickelt und orientiert sich an den Fressgewohnheiten von Wölfen. Mittlerweile gibt es auch Konzepte für Katzen. "Futter soll nicht nur satt machen, sondern auch für Gesundheit und Wohlgefühl sorgen", sagt Tierpfleger Scheidl. Heimtiere, für die ausschließlich Ungekochtes geschnitten oder faschiert wird, sind in der Regel von muskulöser, schlanker Statur. Ihr Fell glänzt seidig, ihre Zähne strahlen weiß. Verdauungsprobleme und Zivilisationskrankheiten wie Allergien und Diabetes bleiben den meisten erspart. Ihr Immunsystem ist gestärkt. Vorausgesetzt, die Mischung der Nährstoffe stimmt.
"BARF kann genauso gut oder schlecht sein wie Alleinfutter aus der Dose", sagt der Experte aus dem KURIER-Tiercoach-Team. Das Um-und-Auf ist ein individuell abgestimmter Menüplan. Der Energiebedarf muss an Rasse, Geschlecht, Aktivität, Alter und Stoffwechsel des jeweiligen Tieres angepasst werden und zwar laufend. Als Richtwert gelten 250 kcal pro fünf Kilo Katzen-Körpergewicht täglich in zwei Portionen aufgeteilt. Ein einmal entwickelter Plan gilt nicht für immer. "Gerade am Anfang braucht man Hilfe von Experten", sagt Scheidl. Der Tierarzt kann Ansprechpartner sein. Bücher informieren. Das Internet dagegen ist keine verlässliche Quelle, es kann höchstens Faustregeln bieten. Erfahrungswerte zählen.
Wechselwirkungen
Von Huhn, Pferd, Rind und Wild bis Fisch, von Muskelfleisch über Knorpel bis Blut und Magen – wer eine Komponente gewichtsmäßig ändert oder austauscht, beeinflusst die gesamte Nährstoffzusammensetzung, Wechselwirkungen inklusive. "Bei allen Zutaten muss auf Lebensmittelqualität geachtet werden", sagt der Tierpfleger. Nur hygienisch einwandfrei verarbeitete Produkte aus geprüfter Quellen dürfen in den Napf. Schweinefleisch eignet sich nicht als Rohkost, es ist sehr fett und kann das für Menschen gefährliche Aujeszkysche Virus übertragen. Gemüse wie Zucchini und Karotten können als Ballaststoffe angeboten werden. Frisches Wasser muss sein. Und die Geschmacksvorlieben der Katze? Bitte häppchenweise austesten. Kleine Kostproben sind immer wieder einen Versuch wert.
"Eine Über- bzw. Unterversorgung der Vierbeiner tritt nicht sofort zutage. Fehler zeigen sich zum Beispiel an der Konsistenz des Kots, an schuppigem Haar, an Rachitis oder Spontanbrüchen", zählt der Experte aus dem KURIER-Tiercoach-Team auf. Eine Kontrolle der Blutwerte ein bis zwei Mal im Jahr schafft Sicherheit. Bei kranken Katzen stößt die Rohkosternährung schnell an ihre Grenzen. Auch Menüpläne für Tiere im Wachstum und trächtige Weibchen fordern selbst Geübte heraus. "BARFen ist mit viel Arbeit verbunden und mit viel Verantwortung. Man muss es wirklich gut machen", betont Stephan Scheidl: "Wer unsicher ist, greift besser auf ein hochwertiges Trocken- oder Nassfutter zurück."
BARF ist ein Ernährungskonzept für fleischfressende Haustiere – entwickelt in Anlehnung an die Fressgewohnheiten von Wölfen. Die Diskussion um die Rohkost- Ernährung wird seit Langem geführt. Mit ihr änderte sich auch die Definition von BARF. Zunächst stand die Abkürzung für „Born-Again Raw Feeders“ (Wiedergeborene Rohfütterer) und „Bones And Raw Foods“ (Knochen und rohe Nahrungsmittel), später für „Biologically Appropriate Raw Foods“ (Biologisch geeignetes rohes Futter), aktuell spricht man von „Biologisch Artgerechter Roher Fütterung“.
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