Brangelina-Aus: Scheidung auf Amerikanisch

Ein Bräutigam steht neben einem fallenden Aktiendiagramm, während eine Braut auf einem Berg aus Geld und Häusern steht.
Wenn sich Stars scheiden lassen, geht’s oft heiß her. Die Anwälte im Hintergrund agieren cool, hart und wenig herzlich.

Aufregende Zeiten für Klatschreporter: Bran! Ge! Lina! Das Ende. Nun geht’s um die drei W’s: Warum? Wie? Sowie: What now, my Ex-Love? Hach.

Wenn sich ein VIP-Paar auf Flughöhe von Angelina Jolie und Brad Pitt entzweit, wird erst die Schmutzwäsche extraheiß gewaschen und dann der Dreckschleudergang auf Turboniveau angeworfen. Ehemalige Nannys enthüllen dunkle Familiengeheimnisse, "nahe Freunde" plaudern aus, was "wirklich hinter den Kulissen" lief und das Personal verrät gegen ein paar schmutzige Dollars pikante Details. Dazu ist in den nächsten Wochen noch einiges zu erwarten. So kursierte etwa die Geschichte, dass die US-Bundespolizei FBI Ermittlungen gegen Schauspieler Brad Pitt prüft und Fakten sammle. Im Fokus: mögliche Handgreiflichkeiten in einem Privatjet, in dem Pitt mit seinen Kindern unterwegs gewesen war. Rasch war von Kindesmisshandlung die Rede. Wahr – nicht wahr? Oder doch nur wieder das 1001. Gerücht? Fakt ist: Pitts Ehefrau Angelina Jolie hatte Anfang der Woche die Scheidung eingereicht. Im Scheidungsantrag stand etwas von "unüberbrückbaren Differenzen".

Die Pitbull-Adovkaten

Und während die mediale Suppe hochkocht, versuchen knallharte Anwälte im Hintergrund kühlen Kopf zu bewahren und die Deals auszuhandeln. An der Seite von Jolie steht die legendäre Laura. Laura Wasser, Partnerin in der Kanzlei Wasser, Cooperman & Mandles, gegründet von ihrem Herrn Papa Denis Wasser – ebenfalls Promi-Advokat. "The Mirror" beschrieb ihn im Jahr 2004 als "am meisten gefürchteten Scheidungsanwalt Amerikas".

Seine Gene dürfte er üppigst an Tochter Laura weitergereicht haben. Sie wird von Klatschreportern nicht nur als "Hollywoods sexiest Lawyer" gehandelt, sondern als weiblicher Pitbull für den VIP-Scheidungsfall. Wasser vertritt Jolie bereits das zweite Mal, zu ihrer Klientel gehören Hochkaräter wie Johnny Depp (versus Amber Heard), Britney Spears (versus Kevin Federline), Heidi Klum (versus Seal) sowie allerlei Kardashians. Die 48-Jährige mit den dunklen, festen Haaren wirkt durchtrainiert wie eine Boot-Camp-Trainerin, ihre Büroräume in den Century Plaza Towers in L.A. verstrahlen coolen Chic – und sie ist bekannt für ihre unnachgiebige, direkte Art, Dinge auf den Punkt zu bringen. Das Promi-Portal TMZ nannte sie "Disso Queen", von "to diss" für fertigmachen, niedermachen. In ihrem 2013 erschienenen Buch gab sie sich dennoch versöhnlich. Dessen Untertitel lautet: "Wie man sich scheidet, ohne die Familie zu zerstören oder bankrottzugehen".

Brad Pitt wiederum hat nun auch einen Star-Anwalt eingeschaltet: Brad Spiegel, er vertrat Hollywoodstars wie Charlie Sheen, Heather Locklear oder Eva Longoria. Als Partner der Kanzlei Young, Spiegel & Lee ordiniert er in Beverly Hills und rangiert regelmäßig in diversen US-Topanwalt-Hitlisten. Er gilt als Familienrechtsexperte. Apropos Familienrecht. Im Fall Jolie gegen Pitt wird es wohl weniger um die Aufteilung von Villen, Geld und Privatjets gehen, als um das hochsensible Thema Kinder. Jolie fordert das Sorgerecht für alle sechs Kinder, Pitt soll sie nur besuchen dürfen. Das gibt Stoff für sehr viel Zoff, jenseits von Geldangelegenheiten. Die werden in den USA in Promi-Kreisen natürlich sehr gerne im Rahmen von Eheverträgen vorab geregelt. Kaliber wie Laura Wasser sind Meister im Verhandeln solcher Kontrakte – Mrs. Pitbull legt sie deshalb all ihren Kunden ans Herz, auchAngelina Jolie.

Rechtzeitig drauf schauen...

Brangelina-Aus: Scheidung auf Amerikanisch
Oder Britney Spears, die im Vorfeld ihrer Hochzeit mit Kevin Federline (2004) keinen wollte, zwei Jahre später froh über den Präventiv-Deal war – frei nach dem Joki-Kirschner-Kultslogan von 1988: "Rechtzeitig drauf schauen, dass man’s hat, wenn man’s braucht". In einem Interview mit Bloomberg schilderte Laura Wasser das Romantik-Dilemma: "Vor allem junge Frauen wollen keinen Ehevertrag. Sie sind verliebt. Das ist die Zeit der Fantasien – wir werden uns niemals scheiden lassen und ich mag niemanden, der mir sagt, was ich tun muss. Schon gar nicht in Form eines alten Typs im Anzug." An diesem heiklen Punkt kommt Laura Wasser ins Spiel – die greift dann zu ihrem Handy und wirkt nachhaltig auf die von der Liebe Geblendeten ein. Auch im Fall Spears schilderte sie der Sängerin am Telefon die Konsequenzen einer Scheidung recht eindrücklich. Das kalifornische Recht sieht nämlich vor, dass alles, was die Partner im Rahmen einer Ehe verdienen als Gemeinschaftsvermögen gehandelt wird – im Scheidungsfall wird es dann aufgeteilt.

Komplexes Scheidungsrecht

Im Übrigen gilt Kalifornien als no-fault-Staat, im Gegensatz zu "at fault". Heißt: Jener Part, der sich scheiden lassen möchte, muss nicht nachweisen, dass der andere etwas falsch gemacht hat. Stattdessen werden übliche Scheidungsgründe angeführt – wie etwa unüberbrückbare Differenzen (wie im Fall Jolie/Pitt) oder unheilbare Zerrüttung der Eheverhältnisse.

Das US-Scheidungsrecht ist vielschichtig, wie die Wiener Scheidungsexpertin Helene Klaar (siehe unten) weiß: "In Amerika hat jeder der 50 Bundesstaaten ein eigenes Familienrecht, das sich unter Umständen erheblich unterscheidet. Ich hatte zwei oder drei Scheidungen mit amerikanischem Bezug, da haben wir uns Unterlagen besorgt und studiert." Auch wenn US-Promi-Trennungen in Hollywood-Star-Dimensionen besonders voluminös daherkommen, sieht Klaar kaum Unterschiede zu Luxus-Scheidungen in Österreich: "Zwar gibt es bei uns ein einheitliches Scheidungsrecht, aber die Luxus-Trennung läuft auch bei uns ganz anders ab als zwischen Fabriksarbeitern oder Angestellten." Weil eben reiche Menschen nicht gerne auf irgendwas verzichten wollen, was ihnen lieb ist. "Da gibt es dann eben Verteilungskämpfe."

KURIER: Welche Rolle spielt die Öffentlichkeit bei der Entwicklung von Schlammschlachten bei VIP-Scheidungen?

Eine Frau mit braunen Haaren und auffälliger Brille blickt in die Kamera.
Helene Klaar:An sich wären die Beteiligten gut beraten, würden sie das Öffentlich-machen meiden und niedrig halten. Aber es ist manchmal eine große Versuchung, mit einer Leidensgeschichte an die Öffentlichkeit zu gehen und nach Sympathie zu heischen. Und dann sind die Leute empört, wenn sich der Wind dreht. Das kann sich schnell wenden – wenn das passiert, lässt sich das schwer aufhalten. Deshalb sind die Betroffenen gut beraten, das zu vermeiden. Da sollten auch die Anwälte entsprechend auf sie einwirken.

In den USA raten viele Anwälte zu Eheverträgen. Sie stehen diesen eher kritisch gegenüber, warum?

Die meisten Eheverträge, die ich kenne, haben den Zweck, etwas zulasten des weniger Selbstständigen oder schlechter Situierten zu ändern. Das sind meistens die Frauen, die dann auch in blinder Liebe alles unterschreiben, weil schon 100 Einladungen für die Hochzeitstafel verschickt sind und sie bereits ein Kleid bestellt haben. Dann unterschreibt man halt, weil man sich ja eh nicht scheiden lassen möchte. Doch da stehen meist Dinge drinnen, die die Position dieser Frau gegenüber dem Gesetz verschlechtern.

Aber theoretisch gäbe es auch gute Eheverträge?

... aber nicht die richtige mentale Verfassung. Ich halte es für unmöglich. Diese Idee, dass man schon bei der Eheschließung an Scheidung denken sollte – die tun so, als wäre die Ehe nur ein Trockenschwimmkurs für die Scheidung. So kann man ja eine Ehe auf keinen Fall führen.

Soll man überhaupt heiraten?

Ja, man soll heiraten, aber man sollte sich den anderen auch gut anschauen. Je weniger Abhängigkeiten es gibt, und je gleichberechtigter die Ehegatten miteinander leben, desto gesünder. Die viel beschworene Hausfrauenehe ist schon das riskanteste Modell und schafft sehr viel Ungleichheit und Abhängigkeit – da kann man nur schwer ausgleichen.

Plädieren Sie für das Prinzip "gleich und gleich gesellt sich gerne"?

Gegensätze ziehen sich an, aber nicht dauerhaft. Es wird mit der Zeit mühsam, das eigene Ich zu unterdrücken.

Kommentare