Ballsaison: Was macht eigentlich ein Taxitänzer?

Ballsaison: Was macht eigentlich ein Taxitänzer?
Auf vielen Wiener Bällen gehören Taxitänzer zum Inventar. Ein Profi erzählt aus seinem Arbeitsalltag.

Während andere zwanzig Tage des Monats Februar im Büro verbringen, verbringt Gerhard Toth im selben Zeitraum zwanzig Abende auf dem Tanzparkett. Der 49-jährige gelernte Kaufmann hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht: Er arbeitet als Taxitänzer, verdient sein Geld also damit, fremde Damen zum Tanz zu bitten. Weil sich ihr Partner den Fuß verstaucht hat, ein Tanzmuffel oder ganz einfach nicht vorhanden ist. Als Toth vor zwanzig Jahren seine Agentur „Taxi Dancer“ gründete, war er der Erste in Österreich und wurde hauptsächlich von Tanzlokalen gebucht. „Dann kamen die Bälle dazu, weil immer mehr Frauen tanzen wollten, aber keine Begleitung hatten“, erzählt der ehemalige Turniertänzer. „Mittlerweile kommen die Herren auf uns zu und sagen: ‚Bitte fordern Sie meine Frau zum Tanzen auf!“

Ballsaison: Was macht eigentlich ein Taxitänzer?

Gerhard Toth (2. v. li.) mit seinem Team: Die Taxitänzer erkennt man an den roten Accessoires

Auch Billy Wilder tat es

Fünfzig Taxitänzer beschäftigt Toth in der Hochsaison – seit einigen Jahren auch Tänzerinnen. Wer sich mit dem Tanzen ein Zubrot verdienen möchte (in drei Stunden etwa fünfzig Euro), muss alle Standard- und Lateintänze beherrschen; gepflegtes Äußeres und gute Umgangsformen sind ebenfalls Pflicht. Die Tänzer werden entweder vom Veranstalter – als „Zuckerl“ für tanzfreudige Ballbesucherinnen – gebucht oder von einer Privatperson, die exklusiv eine Begleitung für den Abend sucht. Mit einem Escortservice hat das nichts zu tun, betont Toth: „Bei uns läuft alles seriös ab.“

Taxitänzer sind keine neumoderne Entwicklung: Schon vor hundert Jahren forderten sogenannte „Eintänzer“ fremde Damen zum Tanz auf, meist Offiziere, die nach dem Krieg auf Arbeitssuche waren und durch ihre Ausbildung beim Militär ausgezeichnete Umgangsformen besaßen. Eine Win-Win-Situation, herrschte nach dem Ersten Weltkrieg doch sowohl in Tanzschulen als auch auf Bällen ein Männermangel. Der prominenteste Eintänzer der Geschichte ist Billy Wilder: Ehe er in die USA emigrierte und ein weltbekannter Filmemacher wurde, war er in einem Berliner Nobelhotel zwei Monate als Eintänzer beschäftigt.

Romantische Avancen oder gar sexuelle Dienstleistungen waren schon damals tabu, auch heute werden die Grenzen ganz klar gezogen, betont Toth: „Wir fordern die Dame höflich auf, führen sie auf das Parkett, tanzen zwei, drei Tänze und bringen sie danach wieder auf ihren Platz, damit jede Dame einmal drankommt.“ Auch Smalltalk gehört dazu. Von einer berauschten Ballnacht kann für einen Taxitänzer aber keine Rede sein: „Wir trinken den ganzen Abend nur Mineralwasser.“ Schließlich sind sie nicht (nur) zum Vergnügen da.

Adressen

Profi-Tanzpartner

Die Agentur Taxi Dancer bietet eine große Auswahl an Profitänzern und -tänzerinnen. Preis für Privatpersonen pro Abend ab 100 Euro. Infos unter www.taxi-dancer.at

Hobby-Tanzpartner

Die Tanzpartner-Börse vernetzt Tanzbegeisterte in ganz Österreich, die Registrierung ist kostenlos. www.tanzpartner.at

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