Apple-Ikone Steve Jobs ist tot

Der Mitbegründer des US-Konzerns verstarb im Alter von 56 Jahren an Krebs. Damit endet eine der außergewöhnlichsten Karrieren der Hightech-Welt.

Apple hat einen Visionär und ein kreatives Genie, die Welt einen außergewöhnlichen Menschen verloren. All jene, die die Chance hatten, ihn persönlich zu kennen und mit ihm zu arbeiten, haben einen guten Freund und inspirierenden Mentor verloren. Steve Jobs hinterlässt eine Firma, die nur er hatte aufbauen können, und sein Geist wird immer der Grundstein von Apple sein." Mit diesen Worten hat der US-Hightech-Riese Apple auf seiner Webseite die Weltöffentlichkeit über das Ableben seines Gründers und Langzeit-CEOs informiert. Aus der Familie von Jobs heißt es, dass er friedlich von ihnen gegangen sei. Erst Ende August war der im Alter von 56 Jahren Verstorbene aus gesundheitlichen Gründen als Apple-Chef zurückgetreten und hatte damit einer der außergewöhnlichsten Karrieren der Hightech-Welt ein Ende gesetzt. Seit 2011 ist Apple (gegründet 1976) die nach Börsenwert wertvollste IT-Firma der Welt.

Gab es noch Anfang der Woche Gerüchte, dass Jobs möglicherweise im Rahmen der iPhone-4S-Präsentation am Dienstag kurz auf die Bühne kommt, dürfte er - offizielle Bestätigungen gibt es dafür noch nicht - seiner langjährigen Krebserkrankung erlegen sein. Jobs musste sich 2004 einen Tumor an der Bauchspeicheldrüse entfernen lassen und unterzog sich 2009 einer Lebertransplantation. Das nahe Ende wohl vorausahnend, veranlasste er 2011, dass US-Autor Walter Isaacson eine offizielle Biografie unter dem Titel "iSteve: The Book of Jobs" verfasst und im Frühjahr 2012 veröffentlichen wird. Und mit dem Baustart einer neuen ringförmigen Apple-Zentrale in Cupertino, Kalifornien, die größer ist als das Pentagon, setzte er sich sein eigenes Denkmal.

Auf jeder US-Seite der täglich milliardenfach angeklickten Suchmaschine Google stand ab Mittwoch Nacht " Steve Jobs, 1955 - 2011", der Klick auf den Namen führte direkt zur Startseite des eigentlich nicht sehr geliebten Konkurrenten.

Jugend und Gründerjahre

Keine zehn Kilometer entfernt vom künftigen Apple-Hauptquartier in Cupertino, das Steve Jobs in Auftrag gegeben hat, beginnt auch die Apple-Story. Als Adoptivsohn von Paul und Clara Jobs wuchs Steven Paul Jobs (geboren 1955) in Los Altos, mitten im heutigen Silicon Valley in Kalifornien südlich von San Francisco auf. Die Ansiedlung der Raketenforschungsabteilung des Luft- und Raumfahrtsunternehmens Lockheed (heute Lockheed Martin) zog Ingenieure aus dem ganzen Land an, und junge Talente wie Jobs beginnen sich für Elektronik zu interessieren. Doch bevor der Außenseiter völlig der Technik verfiel, begann er sich in seiner Zeit am Reed College in Oregon für Buddhismus zu interessieren. Völlig abgebrannt schlug sich Jobs mit Gratismahlzeiten im hiesigen Hare-Krishna-Tempel durch, experimentierte mit Drogen (Haschisch, LSD) und machte eine Apfel-Diät, die ihn später zum Firmennamen inspirieren soll. Ein Trip nach Indien an den Fuß des Himalayas raubte ihm aber die Illusionen über östliche Kulturen, die er sich zu Hause zusammengereimt hat. "Vielleicht hat Thomas Edison doch mehr zur Verbesserung der Welt beigetragen als Karl Marx", meinte er damals.

Zurück in Kalifornien jobbte Jobs für die legendäre Game-Firma Atari (PONG, Asteroids) und lernt seinen langjährigen Partner Steve Wozniak kennen. "Er war die erste Person, die ich kennenlernte, die mehr über Elektronik wusste als ich." Die beiden Technik-Liebhaber verstanden sich sofort und hackten mit einem selbtgebastelten Gerät - die "Blue Box" - die Telefonbetreiber. Mit einem Trick telefonierten sie kostenlos auf der ganzen Welt und verlangten im Vatikan gar den Papst an den Hörer, indem sie sich als Henry Kissinger ausgaben. 1976 stellten Jobs und Wozniak im "Homebrew Computer Club" (legendärer Treffpunkt für Computer-Bastler) ihren ersten selbst entworfenen Computer vor, den Apple I. Nachdem sie im gleichen Jahr die Firma Apple gründeten - fast hätte sie "Executek" oder "Matrix Electronics" geheißen -, fuhren sie ihren ersten kommerziellen Erfolg mit dem Apple II ein: Das Gerät wurde zum erfolgreichsten Konsumenten-Rechner seiner Zeit. Während Wozniak die Technik über hatte, kümmerte sich Jobs um das Design. Die Entscheidung, den Apple II in beiges Plastik mit weichen Kanten zu hüllen, war richtungsweisend. Viele Jahre orientierten sich andere Hersteller wie IBM an dem Look, der die Computer-Ästhetik der 1980er prägte. Das nebenstehende Video zeigt Steve Jobs vor seinem ersten Fernsehauftritt im Jahr 1978.

Die Börse und der Mac

Den Erfolg am Markt wiederholte Apple an der Börse: Der Gang aufs Parkett 1980 brachte 1,8 Mrd. Dollar ein und machte Jobs und Wozniak zu Multimillionären. 1984 läutete Apple mit dem " Mac", ein All-in-One-Computer, eine neue Ära ein und zwang die Nutzer durch das Weglassen der Pfeiltasten auf der Tastatur, die beigelegte Maus zu verwenden - damals ein neues Steuergerät. Das Weglassen machte überhaupt Jobs zur Grundregel von Apple, um die Geräte simpler zu machen. Beim iMac verzichtete man auf Floppy-Disc, beim iPod auf Radio-Empfang, beim MacBook Air auf ein optisches Laufwerk. Doch sein kompromissloser Führungsstil kostete Jobs 1985 seinen Job. Er verlor einen internen Machtkampf, weil der Vorstand ihm nicht zutraute, Apple zu einer Zehn-Milliarden-Dollar-Firma zu führen.

"Jobs ist ein außergewöhnlicher Kontroll-Freak, ein Perfektionist, ein Elitist und ein Zuchtmeister seiner Angestellten", schrieb etwa Buch-Autor Leander Kahney über den Apple-Gründer ("Inside Steve's Brain"). Während sich einige über den Abgang freuten (Jobs' Schreianfälle und Schimpfitraden waren legendär), fürchteten andere um die Zukunft der Firma - zurecht. Das nebenstehende Video zeigt Steve Jobs bei der Präsentation des Macintosh im Jahr 1984.

Der Bruch mit Apple und der Neubeginn

1994 begann der schnelle Abstieg von Apple, was sich im oftmaligen Wechsel des CEOs widerspiegelte: Von zehn Prozent weltweitem Marktanteil bei Computern fiel Apple auf drei Prozent eineinhalb Jahre später zurück und verlor 1,6 Mrd. Dollar. Jobs selbst war derweil nicht untätig: Er baute mit NeXT eine neue Firma auf, die ein Betriebssystem entwickelte, und kaufte Star-Wars-Macher George Lucas das Animationsstudio Pixar ab. Dieses landete 1995 mit "Toy Story" einen Riesenhit und lieferte in Folge Kassenschlager wie "Das große Krabbeln" oder "Findet Nemo" ab. Schließlich kaufte Disney 2006 Pixar um 7,4 Mrd. Dollar auf. "Das hat Jobs zu Disney's größtem Anteilseigner und zum wichtigsten Nerd in Hollywood gemacht", schrieb Autor Leander Kahney ("Inside Steve's Brain"). Das nebenstehende Video von 1996 zeigt einen TV-Beitrag zu Jobs Karriere.

Zu diesem Zeitpunkt war Jobs aber längst wieder Apple-CEO und auf dem Weg zur Weltspitze. Denn 1996 kaufte das angeschlagene Unternehmen (der Wind hat inzwischen zugunsten von Microsoft gedreht) Jobs' NeXT auf und machte ihn wieder zum Chef. "Das ist wahrscheinlich der größte zweite Akt, den die Technologie-Welt jemals gesehen hat", kommentierte Ex-Google-Chef Eric Schmidt damals die Rückkehr. Schmidt sollte Recht behalten. Nach einer ehrlichen Analyse ("die Produkte haben keinen Sex mehr") kürzte Jobs das damalige Portfolio von Apple von etwa 40 auf vier Computermodelle zusammen. Ein genialer Deal mit Bill Gates garantierte zudem, dass Microsoft weiter das essenzielle Büroprogramm "Office" für den Mac anbot, im Gegenzug ließ Apple Patentklagen fallen und machte den "Internet Explorer" zum Standard-Browser am Mac.

Der iPod ebnet den Weg zur Spitze

Dann verschätzte sich Jobs ausnahmsweise: Ende der 1990er wollte man den iMac als Videoschnitt-Maschine positionieren, während Konsumenten aber nach CD-Brennern gierten, um die neue boomende Freizeitbeschäftigung "Musik-Download" (Napster) in unterwegs nutzbare Tonträger zu verwandeln. Das sollte Jobs eine Lehre sein: Als sein Team in Tokyo eine 1,8-Zoll-Festplatte von Toshiba auf einer Messe entdeckt, ist Jobs sofort Feuer und Flamme, daraus einen Musik-Player zu bauen. Das Ergebnis: Der iPod wird ab 2001 zum erfolgreichsten Musik-Player der Geschichte und bildet gemeinsam mit der Software iTunes eine Art "Trojanisches Pferd", um die Windows-Welt mit Hard- und Software von Apple vertrauter zu machen. Der Plan ging auf und bereitete den Weg für iPhone und iPad. Zuerst arbeitete Apple am heute populären Tablet-Computer, aber Jobs erkannte die Zeichen der Zeit und ließ daraus ein Smartphone für den boomenden mobilen Markt bauen. "Apples Wurzeln liegen darin, Computer für Menschen zu bauen und nicht für Unternehmen", lautete Jobs' Credo. Dass er Computer nicht für die Arbeit, sondern für die Freizeit gestalten ließ, ist ebenso wichtig wie die Milliarden, die er ins Marketing pumpte, um aus Apple eine Weltmarke ähnlich Coca-Cola, Nike oder Levi's zu machen. Das nebenstehende Video zeigt Jobs bei der Präsentation des iPod im Jahr 2001.

Doch die Entscheidungen, die Jobs getroffen hat, waren nicht immer unumstritten. Der überzeugte Buddhist und Pescovegetarier (er aß Fisch) ließ seine Produkte in Ländern wie China unter harten Arbeitsbedingungen herstellen, die einige Fabriksarbeiter bereits in den Selbstmord trieben. 2006 gab es auch eine Untersuchung der US-Börsenaufsicht SEC: Mit dem Wissen von Jobs wurden Wertpapiere, die die eigenen Mitarbeiter erwerben können, rückdatiert, damit sie an Wert gewinnen. Apple musste dafür 84 Millionen Dollar Strafe zahlen. Was ihn ebenfalls in ein etwas schiefes Licht rückte: Als elitärer Kulturfanatiker (er verehrt etwa Bob Dylan) lässt er bunte Kinderfilme von Pixar machen, und seinen Kunden gewährt er kaum Spielraum und Entscheidungsfreiheit. Er wollte jeden Aspekt von Hard- und Software kontrollieren und wurde von Experten wie Laien vielfach dafür kritisiert, Funktionen zu stark einzuschränken - etwa, den Akku nicht aus dem iPhone nehmen zu können oder im App Store Programme zu zensieren.

Das Erbe

Der Nachfolger von Steve Jobs steht seit dem Rücktritt der Ikone Ende August fest. Tim Cook und das restliche Apple-Team, darunter etwa Design-Guru Jonathan Ive, stehen jetzt vor der Aufgabe, den Weg ihres Langzeit-Chefs konsequent weiter zu beschreiten. Dabei werden sie sich wohl künftig vor jeder einzelnen Entscheidung immer die Frage stellen: "Was hätte Steve getan?"

Steve Jobs hinterlässt seine langjährige Ehefrau und vier Kinder, mit denen er bis zuletzt in Palo Alto im Silicon Valley lebte.

Wer digital seine Anteilnahme ausdrücken will, kann Gedanken, Erinnerungen und Kondolenzschreiben an rememberingsteve@apple.com richten. Auf Twitter und auf vielen Nachrichten-Seiten wird mit dem nebenstehenden YouTube-Video an Steve Jobs gedacht, das ihn bei einer seiner inspirierendsten Rede (vor Studenten an der Universität Stanford) zeigt. Darin sagt er unter anderem: "Deine Zeit ist begrenzt, also verschwende sie nicht, indem du das Leben eines anderen lebst."

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