Zum Tod von Georg Springer: Er war der Tenno der Bundestheater

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Der kultivierte, prägende, stattliche Theatermanager starb im Alter von 79 Jahren.

Georg Springer war vieles, vereint in einer Person, wie es das kaum noch gibt in einer Zeit, in der Bildung und Stil, Kenntnis und Kritikfähigkeit mehr und mehr abhanden zu kommen drohen, und in der bürgerlich automatisch parteipolitisch interpretiert wird.

Georg Springer war Jurist, was ihn an die Spitze der Bundestheater bringen sollte, die er von 1991 bis 2014 leitete. Er war ab 1999 das Gesicht der Ausgliederung von Staats- und Volksoper sowie Burgtheater, obwohl er die Macht, die die damals (für ihn?) gegründete Holding eigentlich gehabt hätte, nie vollends auslebte. Den Institutionen war es wohl ganz recht, dass er sie gewähren ließ. Dennoch hielt er, allein kraft seiner Persönlichkeit, die Theater zusammen – bis er vorzeitig in Pension gehen musste wegen des Finanzskandals am Burgtheater, den man ihm juristisch nicht anlasten konnte.

Georg Springer war Opernliebhaber durch und durch, schon früh am Stehplatz, später bei den Opernfreunden, als die noch eins waren, lange Zeit sogar als Statist. Er dürfte der einzige Statist sein, der je zum Ehrenmitglied der Wiener Staatsoper ernannt wurde. Auch das eine Leistung.

Georg Springer war Opernkenner, und eigentlich ist an ihm ein Kritiker verloren gegangen. Er konnte Aufführungen differenziert und stets als Liebender berurteilen und sein Urteil perfekt argumentieren – leider nur intern und in Restaurants statt in Publikationen.

Ästhet

Georg Springer, eng verbunden u. a. mit Ex-Außenministerin Ursula Plassnik, war ein Mann des Stils, er legte Wert auf Eleganz und auch auf sein Äußeres. Er war einer der wenigen in Wien, die eine Ahnung von japanischen Designern hatten, als die meisten noch nicht einmal wussten, dass es welche jenseits des Kimonos gibt. Was er trug, war Avantgarde pur und teils durchaus kimonohaft. Er war der erste Wiener Japaner, was man auch bezüglich der Manieren des kultivierten, stattlichen Mannes sagen könnte, und hielt fallweise Hof wie der Tenno, der japanische Kaiser.

Georg Springer war Ästhet und wusste in jeder Hinsicht, was schön ist und wo es die schönsten Plätze gibt, nicht nur in den Opernhäusern der Welt. Und Georg Springer war nicht nur konsensfähig, sondern ein meinungsstarker, streitbarer Geist, der sich für die Kunst einsetzte und das verbale Florett beherrschte.

Nun starb Georg Springer unerwartet im Alter von 79 Jahren, bis zuletzt hatte er sich mit Leidenschaft dem Musiktheater gewidmet. Aus der Öffentlichkeit jedoch hatte er sich mehr oder weniger zurückgezogen, der Abschied vom Society-Parkett schien ihm nicht schwer zu fallen.

Jener von ihm fällt jedoch schwer, allein schon deshalb, weil er jahrzehntelang präsent war in der Stadt Wien und im Metier. Jetzt ist er im wahrsten Wortsinn Kulturgeschichte, obwohl er den dafür wichtigsten Schritt nicht geschafft hatte. Er wäre gern Direktor eines Opernhauses geworden. Aber Bestellungen erfolgen ja selten nach Kompetenz.

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