Yasmo und die Klangkantine: Optimismus als Ehrenkodex

Yasmo und die Klangkantine: Optimismus als Ehrenkodex
"Prekariat & Karat": Rapperin Yasmo fordert mit der Klangkantine zum Handeln auf.

Kluge Texte statt dumpfe Sprüche. An diesem selbst auferlegten Ehrenkodex arbeitet sich Yasmin alias Yasmo bereits seit rund zehn Jahren als Poetry-Slamerin und Rapperin ab. Sie verarbeitet in ihren unterschiedlichen Projekten alles, was ihr auf der Seele brennt, am Herzen liegt und hält damit der Gesellschaft einen Spiegel vor – ohne dabei belehrend zu wirken. Ihr neues Album macht dabei keine Ausnahme: In den zwölf neuen Songs wird wieder klar Stellung bezogen: zum Frauenbild, zur politischen Lage, zur ständig weiter aufklaffenden Schere zwischen Arm und Reich.

Der für den neuen Longplayer gewählte Titel bringt diese problematische Entwicklung dann auch perfekt auf den Punkt: „Prekariat & Karat“. Ein Albumtitel, exemplarisch für das Spannungsfeld, in welchem sich der Mensch in Zeiten des Kapitalismus aufhält. Zwischen prekärer Lebenssituation und auf Instagram vergoldetem Lifestyle, zwischen Selbstdarstellung und Klassenfrage: „Wie soll ich einen Popsong schreiben / Ich kann mir das mit 150 Euro im Monat niemals leisten“, kommentiert Yasmo im „Popsong“ launig die Aussage von Sozialministerin Beate „Ich bin die Wärme“ Hartinger-Klein (FPÖ), die vorrechnete, wie Bezieher der Mindestsicherung in Österreich locker von 150 Euro im Monat leben können.

Solidarität

Für Yasmo ist das „Prekariat eine gesellschaftliche Lebensrealität, in die immer mehr Menschen kommen. Ich komme selbst aus einer prekären Situation und lebe zum Teil auch noch in prekären Lebensverhältnissen. Es gab Momente, in denen ich am Ende des Monats nicht wusste, wie ich meine Miete zahlen soll. Als Künstler hat man kein monatliches Fixeinkommen und da kann es schon manchmal sehr eng werden.“

Yasmo spricht Probleme direkt an, hat einen äußerst gesellschaftskritischen Zugang zu ihren Inhalten, ohne aber ihren Optimismus zu verlieren. In jeder Zeile findet sich Solidarität – und Hoffnung. „Ich bin stets positiv eingestellt, spreche anderen Menschen gerne Mut zu. Das gehört irgendwie zu meinem Leben dazu. Ich gebe Workshops, bin viel in Schulen unterwegs und arbeite mit Jugendlichen. Denen muss ich oft den Druck, den sie sich selbst machen, nehmen. Sie wollen nichts falsch machen und sind dadurch total gehemmt. Für die persönliche Entfaltung bleibt in den Schulen oft kein Platz mehr“, sagt Yasmo.

„Nein heißt Nein“

Musikalisch haben Yasmo & Die Klangkantine mehr gewagt als beim Erstling. „Wir haben gemacht, worauf wir Lust hatten“, bestätigt Yasmo. „Unser Sound ist dadurch breiter und voller geworden.“ Die Arbeit an „Prekariat & Karat“ könne man sich wie einen Dialog vorstellen: Musik und Text „gehen Hand in Hand“, so Yasmo. Wir sind keine Band, die sich im Proberaum trifft und bei Jam-Sessions Songs schreibt. „Ganz oft ist es so, dass wir auf beiden Seiten mit Skizzen arbeiten und uns das gegenseitig zeigen. Das geht dann hin und her, wie beim Tischtennis. Die Arbeitsbereiche sind dann zwar klar aufgeteilt, aber konstruktives Dreinreden ist durchaus erwünscht.“ Das klingt nach gelebter Demokratie.

Neben Yasmo waren Bassist Tobias Vedovelli und Gitarrist Ralph Mothwurf federführend an dem neuen Album beteiligt. Sie haben die Musik für die zwölf neuen Nummern geschrieben. Die Rhythmen sind mal treibend („Komm her“), mal sanft dahinplätschernd („Fresh Water Pearl“), mal extrem funky („Gib mir das“). Die Raps dazu sind aufgeräumt und sehr effektiv. Yasmo richtet ihre Botschaften an Frau und Mann, die ihre Rechte einfordern sollen. In „Hör zu“ geht es um die #MeToo-Thematik: Ein „Nein heißt Nein“. An anderer Stelle wird das Zusammenleben in der heutigen Zeit durchleuchtet. „Geh raus! Mach und hol dir, was du willst“, fordert Yasmo im Song „Mach, mach, mach“ zum Agieren auf.

Augen auf

Im Lied „Interview“ macht sie sich über die ständigen Klischeefragen von unwissenden Journalisten lustig. Christoph Grissemann gibt dabei den Part des Interviewers, der Yasmo ständig falsche Namen gibt und Fragen stellt wie „Wie fühlt sie sich als Rapperin in einer männerdominierten Branche?“.

Yasmo, die sich der „Sisterhood“ verschrieben hat, antwortet: „Welche Branche ist nicht männerdominiert?“, um etwas später im Song zu skandieren: „Das Patriarchat ist eine Bitch.“ Und die Zukunft immer eine Unbekannte. Dieser könne man sich auf unterschiedliche Weise nähern. „Mit offenen Augen oder mit Angst, Ablehnung und Scheuklappendenken. Ich wähle stets den optimistischen Zugang.“

INFO: Yasmo & Die Klangkantine – heute, Montag, und morgen, Dienstag, live im Porgy & Bess in Wien.

Zur Person: Yasmin Hafedh alias Yasmo - Die 28-jährige Wienerin gewann 2013 als erste Frau die österreichischen Slam-Meisterschaften. Zwei Jahre zuvor veröffentlichte sie mit „Keep it realistisch“ ihre erste Platte und legte damit den Grundstein für ihre musikalische Karriere. Nach zwei Soloalben orientierte  sich die vielschichtige Künstlerin  mit Big Band und Bläserunterstützung als Yasmo & Die Klangkantine neu. 2017 folgte das erste gemeinsame Album. Jüngst veröffentlichte die Amadeus-Gewinnerin  mit „Prekariat und Karat“ das Zweitwerk. Yasmo kuratiert  mit Mira Lu Kovacs das heurige Popfest (25. bis 28. Juli).    

 

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