Sprachkritik: Sozusagen absolut toxisch

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In seinem Buch "Irgendwie so total spannend" analysiert Wolfgang Kemp verbale Weichmacher und andere Floskeln.

Auch Philologen sind nicht davor gefeit, sich unklar auszudrücken: "Also man kann das quasi irgendwie so vergleichen mit …" Dieses Textbeispiel aus einem Interview mit einem Germanisten zitiert Wolfgang Kemp in seinem Buch und merkt süffisant an: "In der Linguistik nennt man solches Gestammel ‚Äußerungseröffnung‘. Außerhalb der Linguistik heißt es weiterhin Gestammel."

Der Titel des Büchleins ist Programm: In "Irgendwie so total spannend" nimmt sich der deutsche Kunsthistoriker Kemp, Jahrgang 1946, der Sonderheiten und Absonderlichkeiten unseres "schönen neuen Sprachgebrauchs" (Untertitel) an.

Kemp hörte sich durch Podcasts und scrollte durch das Internet und soziale Netzwerke. Er registriert modische Adjektive ("schwierig", "spannend", "toxisch"), hohle Phrasen ("Ich bin da ganz bei dir") und eine ganze Flut von "Sprachpartikeln", die als bloße "Diskursmarker" fungieren. "Verbalen Weichmachern" ("sozusagen", "irgendwie", "ein Stück weit") stünden dabei "Floskeln der Absolutheit" ("absolut", "total", "auf jeden Fall") gegenüber.

Das Phänomen, dass einander widersprechende Sprachtrends wie diese gleichzeitig auftreten, hat Kemp gut erkannt; wie es zu erklären ist oder was daraus folgen könnte, sagt er nicht.

Thema Gendern

Auch beim Thema Gendern, dem ein eigenes Kapitel gewidmet ist, legt der Autor zwar ausführlich und meist auch nachvollziehbar dar, was ihm daran alles gegen den Strich geht, bleibt Lösungsvorschläge aber schuldig. Das ist schade. Irgendwie, total.

Wolfgang Kemp: „Irgendwie so total spannend“. zu Klampen Verlag, 144 Seiten, 18,00 Euro.

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