Wolfgang Fischer: "Ich bin keine Geschmackspolizei"

Mit knapp 300 Veranstaltungen und rund einer Millionen Besucher im Jahr gehört die Wiener Stadthalle zu den Top-Veranstaltungshallen Europas. Seit 2012 zieht Wolfgang Fischer als Geschäftsführer die Fäden. Für ihn sei Unterhaltung Menschenrecht. „Es ist unser Ziel, den Menschen einen schöne Zeit zu ermöglichen – fern vom Alltag“, sagt Fischer, der sich stets für ein ausgewogenes Programm im Haus am Roland-Rainer-Platz einsetzt.
KURIER: Viele heimische Acts werden in den kommenden Monaten in der Wiener
Stadthalle auftreten. Setzt man 2016 auf einen Österreicher-Schwerpunkt?
Wolfgang Fischer: Der Österreicher-Schwerpunkt hat bereits im Jänner mit Zoë begonnen, die wir für "Holiday on Ice" verpflichten konnten. Damals war noch keine Rede davon, dass diese reizende junge Dame 2016 für Österreich zum
Eurovision Song Contest nach Stockholm fahren wird. Und möge sie gewinnen. Die Stadthalle ist bereit - wir wissen ja bereits wie es geht (lacht).

Kommende Woche gibt es die Abschiedstournee von „Der
Watzmann ruft“ mit
Wolfgang Ambros,
Joesi Prokopetz und
Klaus Eberhartinger. Sind diese Künstler eng mit der Geschichte der
Stadthalle verbunden?
Wolfgang Ambros ist inklusive dieser drei „Watzmann“-Shows, die kommende Woche am Programm stehen, 44 Mal in der Stadthalle aufgetreten. Udo Jürgens 33 Mal. Peter Alexander 22 Mal. Das ist Teil der der Geschichte der Wiener Stadthalle. Und diese Geschichte möchten wir mit jungen heimischen Künstlern fortsetzen. Deshalb freut es mich sehr, dass wir Wanda, Pecoraro & Pecoraro im April, eine Hommage zum 90. Geburtstag von Peter Alexander Ende Juni sowie Parov Stellar und Seiler & Speer im Dezember im Programm haben.
Jetzt fehlt eigentlich nur noch Bilderbuch…
Ja, aber wir hoffen, dass das bald fixiert wird. Damit hätten wir innerhalb eines Jahres alle derzeit großen heimischen Bands in der Stadthalle auf der Bühne. Das zähle ich übrigens zu unseren Aufgaben.
Welche Aufgaben übernimmt die Wiener
Stadthalle noch?
Wir sind keine Talente-Scouts, die im kleinen Rahmen etwas ausprobieren können. Wir halten es eher mit Wolfgang Ambros, der einst meinte: „Wenn du die Stadthalle füllst, dann hast Du´s geschafft“. Wir leisten bei der Organisation, Umsetzung der Veranstaltung unsere Arbeit und haben in punkto Promotion sehr viele Möglichkeiten, um zu helfen. Aber als Kulturunternehmen dieser Stadt ist das auch eine unserer Aufgaben.
Die Wiener
Stadthalle feiert 2018 ihren 60. Geburtstag. Wann wird renoviert?
Natürlich ist eine Halle, die 58 Jahre alt ist, immer top gepflegt wird, irgendwann mal ordentlich zu sanieren. Es ändern sich ja auch die technischen Anforderungen. Wann das der Fall sein wird, entscheiden nicht wir, sondern der Eigentümer.

Gibt es bereits Anforderungen und Wünsche von Künstlern, die aktuell nicht erfüllt werden können?
Bei uns ist alles möglich – außer Open-Air-Shows (lacht). Nein, im Ernst: Die Tour-Manager kennen die Top-Ten-Veranstaltungsgebäude Europas - dazu zählt auch die Stadthalle. Für diese Räume wird dann auch die Show konzipiert. Das sind dann einheitliche Show-Einbauten, die innerhalb von wenigen Stunden auf- und abbaubar sind. Die Acts reisen dann mit ihrem eigenen Equipment von Konzert zu Konzert. Helene Fischer kann also ohne Probleme immer mit ihrem Drachen durch die Halle fliegen. Und wir können natürlich auch extrem aufwändige Shows umsetzten – etwa die Muse am 9. Mai. Wie der Name „The Drones World Tour“ bereits sagt, werden da auch Drohnen in der Stadthalle herumfliegen.
Wie laufen solche großen Shows heutzutage ab?
Man muss sich das so vorstellen: Die LKWs kommen mit Tonnen von Equipment um 6 Uhr in der Stadthalle an, laden alles aus, bauen auf und machen Soundcheck. Danach findet die Show statt und gleich darauf beginnt der Abbau. Nach rund 22 Stunden ist die Sache wieder gelaufen – es geht weiter zur nächsten Spielstätte.
Wäre dieses Business nicht mehr anders finanzierbar?
Ja, denn wenn man drei Tage für Auf- und Abbau benötigen würde, würden die Gagen der Roadies und die Mieten für das ganze Equipment explodieren. Die Maschine darf nicht zum Stehen kommen. Diese Automatisierung und Professionalisierung hat auch Vorteile für uns, denn wir können dadurch wirklich Tag auf Tag spielen, die Stadthalle mit mehr Shows im Jahr bespielen.
Wie sehen Sie die Entwicklung der Ticketpreise?
Die Ticketpreise machen grundsätzlich die Veranstalter in Absprache mit dem Management des Künstlers. Da wir aber auf 58 Jahre Erfahrung in diesem Bereich zurückblicken können, werden wir diesbezüglich immer wieder konsolidiert. Bei klassischen Familienveranstaltungen wie „
Holiday On Ice“ muss man darauf achten, dass man in punkto Kartenpreise man in einem erträglichen Rahmen bleibt. Denn wenn Eltern mit zwei Kindern zu einer Show kommen, kann das in Summe teuer werden. Aber wir können eines beobachten: Tendenziell werden die besseren Kategorien am häufigsten nachgefragt.
Haben Sie es oft mit obskuren Wünschen von Stars zu tun?
Wir bekommen von diesen speziellen Wünschen kaum etwas mit. Damit müssen sich die Veranstalter herumschlagen. Also wenn der Kaugummi Backstage unbedingt aus Chicago stammen soll, dann muss sich darum der Tour-Manager kümmern. Im Bereich der Künstlergarderoben hat sich aber in den letzten Jahren einiges verändert. Das sind nur mehr leere Räume, weil die Stars das Interieur ihrer Backstage-Bereiche selber mitbringen. Da werden dann Möbel reingestellt, Holzwände mit einem blauer Samt-Tapete aufgestellt und Couchen mit einem speziellen Plüschüberzug reingestellt. Die Künstler wollen sich ihre Backstage-Räume ganz nach ihren eigenen Vorstellungen einrichten. Das ist Teil der immer professioneller werdenden Planung im Business.
Haben Sie nach den Anschlägen von
Paris die Sicherheitsmaßnahmen geändert?
Unser Sicherheitspersonal, unsere Ordner sind nach den Anschlägen von Paris in Schulungen und Gesprächen für mögliche Gefahren sensibilisiert worden. Grundsätzlich sind wir immer sind im ständigen Kontakt und Austausch mit der Exekutive und stimmen von Event zu Event die notwenigen Sicherheitsbestimmungen ab. Zwei Stunden vor Konzertbeginn haben wir dann auch stets einen Behördenrundgang, wo man dann noch die Sicherheitsvorkehrungen an die aktuellen Gegebenheiten anpasst.
Kommt es vor, dass Sie Shows aus inhaltlichen Gründen ablehnen?
Ich bin keine
Geschmackspolizei, die sagt Punkrock ist mir zu laut, so etwas spielen wir nicht. Als wir zum Beispiel Dalai Lama in der Stadthalle zu Gast hatten, bekam ich Anrufe von einer Botschaft. Gebracht haben sie nichts. Die Maxime unserer Vorgehensweise: Alles war im Rahmen der österreichischen Gesetzgebung möglich ist, muss auch bei uns möglich sein. In unsern allgemeinen Geschäftsbedingungen steht dann aber auch ganz klar drinnen, was untersagt ist – radikale Propaganda zum Beispiel.
Musik:
Macklemore & Ryan Lewis – 19. März
The Libertines – 25. März
Florence + The Machine – 12. April
Wanda & Gäste – 22. April
Pecoraro & Pecoraro – 29. April
Muse – 9. Mai
Mumford & Sons – 19. Mai
Rihanna – 9. August
Musical:
Der Watzmanm ruft – 7./8./9. März
Beatles – „All you need is Love" – 11. März
Elvis – 10. April
Comedy
Mario Barth – 20./21. Mai
Michael Mittermeier – 11./12. Oktober
Helge Schneider – 13./14. November
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