Elsa scheint, von Ortrud beobachtet, ihren Bruder Gottfried umgebracht zu haben. Denn während des Vorspiels kniet sie neben dem Kanal und fischt eine schwarze Mütze heraus. Davon geht die hier seit 2024 an der Wiener Staatsoper gezeigte Inszenierung von Richard Wagners „Lohengrin“, eine Übernahme von den Salzburger Osterfestspielen aus 2022, in der Regie von Jossi Wieler und Sergio Morabito sowie in der Ausstattung von Anna Viebrock aus.
Sie strotzt aber auch sonst nur so von eigenwilligen und unausgewogenen Regieideen und einer Überfrachtung der Bühne, mit einem hässlichen Kanal mit Betonaufbauten, die sich heben und senken lassen. Zum Finale holt Elsa schließlich eine blaugesichtige Kreatur aus dem Kanal. Es ist Gottfried, eine lebende Wasserleiche, der Elsa mit einem Schwert ersticht.
Superb hingegen ist die musikalische Umsetzung bei der Wiederaufnahme am Sonntag.
Ein silbriges Flimmern und irisierende Pianissimi vernimmt man schon bei den ersten Takten von aus dem Graben. Denn das Vorspiel, das von Franz Liszt, dem Dirigenten der Uraufführung, die 1850 in Weimar stattfand, als „Art Zauberformel“ bezeichnet wurde, mit seinen vielfach geteilten, in hoher Lage überirdisch spielenden Geigen, enthüllt die geheimnisvolle Gralswelt.
Und auch während des weiteren Abend gelingt es dem Staatsopernorchester unter Christian Thielemann zum schimmernden und feinverwobenen Klanggemälde zu finden, mit dem diese Musik so fasziniert. Mit immenser Gestaltungskraft hält der deutsche Dirigent die Spannung, erreicht herrliche Valeurs, wunderbare Tonschönheiten, feinste Subtilität, ideale Balance und Facettenreichtum.
Und da ganz besonders auf die Sänger Rücksicht genommen wird, danken diese es ihm mit tollen Schöngesang. Als Titelheld lässt Klaus Florian Vogt mit seinem hellen, knabenhaften Tenor keine Wünsche offen. Besonders die Gralserzählung gelingt ihm wunderbar.
Camilla Nylund singt die Elsa mit mädchenhafter Innigkeit, ungefährdet bis in die höchsten Höhen.
Jordan Shanahan als Telramund ist neben Ortrud das Zentrum des Abends. Er singt ihn kraftvoll auftrumpfend. Anja Kampe ist eine diabolische und hochdramatische Ortrud um Fürchten. Weich, vom Volumen etwas zu zurückhaltend und mit kleinen Einschränkungen in der Höhe erlebt man Günther Groissböck als König Heinrich. Attila Mokus singt den Heerführer kräftig. Stimmgewaltig und sehr ausgewogen hört man den Wiener Staatsopernchor.
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