"Waldmeister“ beim Strauss-Jahr: So kann Operette heute funktionieren

"Waldmeister“ beim Strauss-Jahr: So kann Operette heute funktionieren
Im Museumsquartier: Köpplinger-Inszenierung im Strauss-Jahr mit Robert Meyer.

Den Refrain des finalen Walzers „Trau, schau, wem“ aus Johann Strauss’ „Waldmeister“ würde man am liebsten so manchem Regisseur ins Stammbuch schreiben. Und die Antwort gleich dazu, der Operette nämlich. Wie gut das funktioniert, wenn man sein Handwerk versteht, demonstriert Josef E. Köpplinger, Regisseur und Intendant des Münchner Staatstheaters am Gärtnerplatz, mit seiner rekordkurzweiligen „Waldmeister“-Produktion im Museumsquartier im Rahmen des Strauss-Jahres.

Er verlegt das Geschehen aus Sachsen in den Wienerwald der 1950er-Jahre. Ein einnehmendes Wald-Video während der Ouvertüre verspricht großes Kino. Das gibt es auch, aber mit kammerspielartigen Szenen.

"Waldmeister“ beim Strauss-Jahr: So kann Operette heute funktionieren

Oh nein, die Moral!

Worum geht’s? Die Bewohner einer Kleinstadt bangen um den Erhalt ihrer Moral. Denn die verführerische Schauspielerin Pauline hat sich bei ihnen niedergelassen. Oberforstrat Tymoleon wacht streng über die Sitten. Er soll Freda, die Tochter des Amtshauptmanns, heiraten, die aber ist Botho, einem seiner Studenten, zugetan. Dann kommt noch Erasmus Friedrich Müller, Professor für Botanik und Möchte-Gern-Schauspieler, hinzu und treibt mit seiner Waldmeister-Bowle die braven Leute in eine exzessive Orgie.

Mit der ansehnlich ausgestatteten Drehbühne hat Walter Vogelweider ein ideales Ambiente für diese Vaudeville-Komödie geschaffen. Köpplinger führt sein exzellentes Ensemble präzise und verlässt sich zurecht auf seine sichere Hand für Romantik und Komödie.

Sophia Keller ist eine ausgelassene, vokal ausdrucksvolle Pauline. Daniel Gutman punktet mit seinem sonoren Bariton als Tymoleon. Robert Meyer zeigt einen liebevollen, leicht schrulligen Amthauptmann, Regina Schörg überzeugt als seine Gattin. Daniel Prohaska trumpft in der Partie des Professor Müller als glänzender Komödiant auf.

"Waldmeister“ beim Strauss-Jahr: So kann Operette heute funktionieren

Andreja Zidaric betört mit ihrem hellen, schlanken Sopran als Freda. Matteo Ivan Rašić verfügt über alles, was man für den Botho braucht, eine warm timbrierte Tenorstimme, Geschmeidigkeit, Schmelz. Anna-Katharina Tonauer lässt als Jeanne mit ihrem ausdrucksvollen Mezzosopran aufhorchen. Auch die kleineren Rollen sind sehr gut besetzt. Gut ausbalanciert intoniert der Chor.

Michael Brandstätter lässt mit seinem sehr gut disponierten Orchester echte Walzerseligkeit erleben. Er setzt auf das Sinnliche in dieser Musik und formuliert jedes Motiv akkurat. Fein ziseliert gestaltet er die Regen-Gewittermusik zu Beginn und lässt einen Hauch von Rossini anklingen. Die eingängigen Melodien versieht er mit einer Mischung aus wohldosiertem Schmelz und Leichtigkeit. So funktioniert eine Hommage für den Jubilar Strauss. Ovationen. Noch Sonntag und Montag im Museumsquartier. Wer keine Zeit hat, kann das Versäumte in München nachholen. Diese Aufführung ist die Reise wert. 

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