Wenn aus Provokation Desinteresse wird

Trashy“ ist die Szenerie, vollgestopft bis obenhin. In die Höhe gestaffelt stehen Wohnwägen mit mehrstufigen Spielebenen (Rebecca Ringst). Davor wimmelt es von einem bunten Völkchen in grellen Fantasiekostümen (Ingo Krügler), wie aus einem Comic entsprungen.

Aber der Katalane wird seinem Ruf, einer der radikalsten Regisseure zu sein, nur teils gerecht: In „seinem“ Mahagonny, der Stadt, wo es für Geld alles zu haben gibt, wird zwar gemordet, gequält, auf Leichen uriniert, gekotzt, in allen Stellungen und in Gruppen kopuliert, kollektiv onaniert, gestrippt, etc. Aber Sex und Gewalt in derartiger Permanenz und Überfülle erzeugen keine Provokation mehr, sondern Desinteresse.
Allen Beteiligten wie auch dem Chor wird darstellerisch Außerordentliches abverlangt. Herbert Lippert ist ein expressiver Jim Mahoney mit prächtigen Höhen. Margareta Klobucar als sexy Jenny, bringt einen klaren Sopran ins Spiel. Fran Lubahn ist mit ihrer körperlosen Stimme und reifem Timbre der Leokadja Begbick nicht mehr gewachsen und wurde ausgebuht. David McShane, ein sadistischer Dreieinigkeitsmoses, bleibt sängerisch blass. Die kleineren Rollen sind adäquat besetzt.
Julien Salemkour, der im Herbst hier auch den Lohengrin dirigieren wird, treibt die Grazer Philharmoniker temperamentvoll zu einem straffen, akzentreichen, idealen Weill-Stil an. Uneingeschränkte Zustimmung.
KURIER-Wertung: **** von *****
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