Was hat das Strauss-Jahr wirklich gebracht?
Sehr geehrtes Kulturamt!
Zuletzt habe ich im ORF eine Dokumentation über Johann Strauss gesehen, die gar nicht so übel war. Da fiel mir ein, dass ja der 200. Geburtstag des Komponisten ein Jahr lang pompös und innovativ gefeiert werden sollte – aber ich habe kaum etwas davon mitbekommen. Ich hege überhaupt Zweifel, ob solche lautstark ausgerufenen und hochsubventionierten Aktionen Sinn machen. Daher beantrage ich, derartige Ganzjahresfeiern abzuschaffen oder sich zumindest auf weniger bekannte Komponisten zu konzentrieren. 2026 jährt sich etwa der Geburtstag von Hans Werner Henze zum 100. Mal. Lieber Henze als 2027 dann der 200. Todestag von Beethoven, der mir jetzt schon Angst bereitet.
Mit musikalischen Grüßen, P. M.
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Sehr geehrter P. M.,
vielen Dank für Ihr Schreiben, dessen Einlangen wir hiermit bestätigen (Geschäftszahl 25/2025). Es bereitet uns als Amt normalerweise Freude, Anträge abzulehnen, in diesem Fall tun wir es höchst ungern, weil wir Ihre Bedenken vollinhaltlich teilen, auf die Planung der musikalischen Institutionen und städtischen Behörden jedoch nur verschwindenden Einfluss haben.
Bleiben wir zunächst bei Strauss: Wir haben die Stattfindung des Feierjahres registriert, schließen aus Reaktionen, dass quantitativ einiges los war, sind aber als Kulturbehörde primär an Nachhaltigkeit interessiert. Tagelang haben wir daher in unserem Amtsgebäude über der Frage gebrütet, was vom Strauss-Jahr für kommende Generationen bleiben werde. Und wir sind immer wieder zu einem einzigen Punkt gekommen: Dass man dank des Strauss-Jahres den Komponisten nicht mehr mit scharfem ß, also Strauß schreibt. Möglicherweise haben sich die Subventionen dafür gelohnt, obwohl die Verwechslungsgefahr mit Richard S. fürderhin groß ist.
Das Strauss-Jahr ist aber bezüglich Vergänglichkeit nicht alleine in der Riege der Großprojekte. Beim Kulturhauptstadtjahr Bad Ischl hat sich nicht einmal ein Buchstabe verändert, schon ein Jahr danach ist jede Erinnerung daran verloschen.
Beim Salzburger Mozartjahr 2006 hatte man den Eindruck, dass numerische Überlegungen (die Aufführung sämtlicher Bühnenwerke) im Zentrum standen. Beim Wiener Pendant kam es immerhin zur Umwidmung des Theaters an der Wien zum Opernhaus. Und da Sie Beethoven erwähnen: Ob das Feierjahr 2020 (250. Geburtstag) überhaupt stattgefunden hat, lässt sich anhand unserer Akten nicht mehr verifizieren. Zumindest schreibt man Beethoven noch gleich.
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