Von Spider-Man bis schwüle Lust: So sind die Kinostarts der Woche
"Spider-Man: Far From Home": Viel grüner Rauch um nichts
Die neue Brille steht ihm gut. Sie ist ein Erbstück von Tony Stark, der als Iron Man ein Opfer der Avengers-Saga „Endgame“ wurde. Peter Parker alias Spider-Man kommen die Tränen, wenn er an seinen verstorbenen Mentor denkt. Trotzdem möchte der 16-jährige Peter lieber der freundliche Superheld von nebenan bleiben anstatt das „Iron Man“-Erbe anzutreten. Zudem freut er sich auf einen Europa-Trip mit der Schulklasse, wo er seiner Klassenkollegin MJ auf dem Eiffelturm näherzukommen hofft.
Nach dem düsteren „Avengers: Endgame“-Finale steht Marvels Nachfolge-Blockbuster unter Mehrfachbelastung. „Spider-Man: Far from Home“ muss die sogenannte dritte Phase der Infinity-Saga würdig beenden und Ausblick auf Marvels Zukunft bieten. Gleichzeitig soll er auch eine eigenständige, schlüssige Fortsetzung zu seinem ersten Solo „Spider-Man: Homecoming“ von 2017 darstellen.
All diesen Ansprüchen wird „Spider-Man“ weitgehend unterhaltsam gerecht, indem er zu einem jugendfreundlichen Genre-Mix von Highschool-Komödie und Actionspektakel greift. Besonders die geplante Klassenfahrt bietet ein volles Spektrum an komischen Möglichkeiten – vom schrulligen Lehrer bis hin zur missglückten Teenie-Liebesintrige.
„Die Europäer lieben uns Amerikaner“, jubiliert Peters Schulkollege in Bachelor-Vorfreude und sieht sich schon in einer Gondel in Venedig schmusen. Tatsächlich beschränken sich die Sehenswürdigkeiten in Italien nicht auf alte Steinbrücken, sondern erhalten scharfe Konkurrenz durch das plötzliche Auftauchen eines Meer-Monsters. Da muss selbst Peter Parker einsehen, dass er nicht länger den einfachen Schulbuben spielen kann: Er greift mit seinen Superhelden-Fähigkeiten ein („Stay sticky!“), taucht aber, um als Spider-Man inkognito zu bleiben, in einem schwarzen Ganzkörperkostüm auf. Das neue Outfit verhilft ihm in der italienschen Presse zu dem Spitznamen „Nachtaffe“.
Als wahrer Held im Kampf gegen das elementare Ungetüm erweist sich allerdings ein Superheld namens Mysterio (hintergründig gespielt von Jake Gyllenhaal): Mysterio erinnert an einen römischen Feldherren, dessen Kopf in einer Glaskugel steckt, mit der er grüne Rauchwolken versprühen kann.
Gekonnt wechselt die Gangart zwischen flapsiger Coming-of-Age-Comedy und entfesseltem Spezialeffekt-Zauber mit rauschhaften, manchmal fast surreal anmutend inszenierten Actionszenen. Nicht immer ist alles so, wie es zu sein scheint. Als würde Hollywood augenzwinkernd und ironisch seinen Senf zur Illusionsmaschinerie des eigenen Blockbuster-Kinos abgeben.
"Geheimnis eines Lebens": Alte Dame wird als „Oma-Spionin“ verdächtigt
Die nette alte Dame trägt beige Hosen, senfgelbe Blusen, gärtnert in ihrem Vorgarten und wirkt so harmlos wie eine Tasse Tee. Auffallend nur, dass sie ihn aus einem Che-Guevara-Häferl trinkt. Trotzdem würde kein Mensch vermuten, dass sie unter dem Verdacht der Spionage stehen könnte. Als eines Tages in den 90er-Jahren Agenten des britischen MI5 ihr braves Vorstadthaus stürmen, wirkt alles wie ein großer Justizirrtum. Besonders ihr Sohn, ein erfolgreicher Anwalt, hält das Vorgehen für einen schlechten Witz.
Doch die Verhöre beginnen, und in schematischen Rückblenden lässt die „Oma-Spionin“ ihr Leben als Studentin in Cambridge und ihre Verbindungen zu kommunistischen Kollegen aufleben.
Judie Dench hat nicht viel mehr zu tun als einen verwirrten Eindruck zu machen. Ihre jungen Schauspielkollegen – Sophie Cookson und Tom Hughes – zeigen unbekannte, frische Kino-Gesichter, doch bleibt der Zugriff auf den historischen Stoff verwaschen und zahnlos.
"Traumfabrik": Berliner Filmstudio in Konkurrenz mit Hollywood
Tragikomödie. Mit Superlativen kann die deutsche Traumfabrik in Berlin-Babelsberg klotzen: Es ist das älteste Studio der Welt und nicht nur flächenmäßig das größte Europas. Dort entstanden legendäre Filme wie „Metropolis“. Heute drehen Hollywoodgrößen wie Tom Cruise oder Steven Spielberg auf dem Traumfabrik-Gelände, an den Studiowänden klebt noch das Blut aus Tarantinos „Inglourious Basterds“. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis sich Hollywood-Babelsberg ein filmisches Denkmal setzt. Aber Achtung! Man neigt dazu, sich wiederholt die Augen zu reiben, ob nicht vielleicht doch eine knallrosa Brille auf der Nase sitzt. Auch die Akustik spielt voll mit: Orchester spielen auf, und Helene Fischer singt das Titellied.
„Traumfabrik“ erzählt vom Filmstudio in Potsdam-Babelsberg während der Trennung von Ost- und West-Berlin. Gezeigt wird die Geschichte von Emil, der Anfang der 60er-Jahre im Defa-Studio Babelsberg als Komparse arbeitet. Er verliebt sich in die französische Tänzerin Milou, aber als die Mauer gebaut wird, werden auch die beiden Liebenden getrennt.
Emil gibt sich daraufhin als Regisseur aus, der in Ost-Berlin einen „Kleopatra“-Film auf die Beine stellen will. Emils Ansage, dass sein Film Hollywoods Traumfabrik in den Schatten stellen würde, gefällt den Parteibonzen der DDR. Alles weitere ist ein „Film im Film“, in dem kaum ein Klischee ausgelassen wird. Zugegeben – man bekommt trotzdem einiges zu sehen: Die schicken Blondinen der 1960er-Jahre, schwarz-glänzende Oldtimer-Automobile und aufwendige Filmkulissen des alten Ägypten. Dafür muss man aber einiges an Kitsch aushalten. (Von Gabriele Flossmann)
"The Wild Boys": Schwüle Lust auf der Insel
Inspiriert von dem gleichnamigen Roman von William S. Burroughs, bietet Bertrand Mandicos expressionistisches Debüt einen tranceartigen Zustand jugendlicher Delinquenz, schwüler Erotik und Südseeinsel-Fantastik. Fünf Schüler (gespielt von Frauen!) werden nach der Ermordung ihrer Lehrerin der Obhut eines grausamen Kapitäns übergeben und auf eine Insel verschifft. Schöner 16-mm-Film, bizarr und sexy.
Twarz – Die Maske
Ein Gelegenheitsarbeiter erleidet einen Arbeitsunfall und wird der erste Pole, der durch eine Gesichtstransplantation gerettet wird. Mit dem neuen Gesicht – der Maske – wird er plötzlich zum Medienstar. Malgorzata Szumowska hat eine bitterböse Studie über das Polen auf dem Lande gedreht, das stramm konservativ wählt und denkt, gerne zotige Witze über Ausländer und Frauen reißt und mit „anderen“ nichts anzufangen weiß.
Das Haus am Meer
Der profilierte Regisseur Robert Guédiguian versammelt sein angestammtes Schauspielerensemble zu einem Familiendrama in der Nähe von Marseille: Drei Geschwister treffen sich am Krankenbett ihres Vaters und konfrontieren sich mit ihren verlorenen Träumen, dem Schicksal der Linken, Humanismus und Kunst. Guédiguian diskutiert seine Leibthemen und liefert eine Rückschau auf sein filmisches Werk. Nicht ganz so stark wie seine früheren Filme.
Annabelle 3
Während die ersten beiden „Annabelle“-Filme die Vorgeschichte zum Horror-Schocker „Conjuring – Die Heimsuchung“ erzählten, setzt der dritte Teil die Story fort. Die süß dreinblickende Horror-Puppe kann sich mithilfe von Geisterkollegen befreien und Menschen terrorisieren. Gruselig.
Alfons Zitterbacke – Das Chaos ist zurück
Die beliebteste Kinderbuchfigur der DDR wird in Konrad Petzolds Film in die Gegenwart versetzt. Der Titelheld ist ein rechter Lauser mit einem Faible für Wissenschaft und Raumfahrt. Doch das anarchistische Potenzial des eigenwilligen Chaoten ging verloren.
Apollo 11
Akribisch detailreiche Doku über die Mondlandung im Jahr 1969, erzählt aus der Perspektive der Astronauten. Spektakulär und faszinierend.
Yoga – Die Kraft des Lebens
Nachdem er von seiner Querschnittlähmung geheilt wurde, beschloss Stéphane Haskell sich dem Thema Yoga filmisch zu widmen. Bewegende, manchmal etwas langatmige Doku.
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