Vom New Yorker Club zur KI-Revolution: Neue und alte Medienkunst in Linz

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Im Vorfeld der Ars Electronica bieten in Linz Ausstellungen von Peter Kogler, Claudia Hart und der KI „Flynn“ Ankerpunkte und Perspektiven.

New York in den 1980er-Jahren ist aus heutiger Sicht ein mythischer Ort: Es war rau, dreckig und gefährlich, doch zwischen Abbruchhäusern brutzelte die kreative Energie – vor allem in jenem Teil des East Village, der „Alphabet City“ heißt, weil die Buchstaben A – D dort vier Avenues bezeichnen.

„Es war eines der letzten konzentrierten künstlerischen Biotope“, erinnert sich der Künstler Peter Kogler, der im November 1985 eine Ausstellung in der „Gracie Mansion Gallery“ (Avenue A Nr. 167) zeigte und nun Werke, Fotos und Erinnerungen aus dieser Zeit im Linzer „Francisco Carolinum“ ausbreitet. Die Monate, die der in Innsbruck geborene Medienkünstler im „Big Apple“ verbrachte, sollten prägend sein: Größen wie Jean-Michel Basquiat oder Keith Haring begegnete Kogler damals auf Augenhöhe. In einer Vitrine findet sich die signierte Kopie von Andy Warhols Buch „America“ – samt Foto der Signierstunde, bei der der Pop-Art-Papst sich unter einer Kapuze versteckte, weil ihm jemand die Perücke vom Kopf gerissen hatte.

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Anfänge des Digitalen

Koglers Schau ist nicht frei von Nostalgie und Anekdoten – doch sie gibt auch reichlich Stoff, darüber nachzudenken, wie sich die Impulse jener Zeit ins heutige digitale Zeitalter fortpflanzten.

Inwieweit etwa sind die aus Schachtel-Elementen zusammengesetzten Skulpturen, die Kogler einst in New York zeigte, als Verwandte jener digitalen Skelette zu sehen, die heute so gut wie allen animierten Charakteren zugrunde liegen? Sind die groben Pixelraster, die Kogler einst aus dem Amiga-Computer druckte und via Siebdruck groß reproduzierte, das fehlende Bindeglied zwischen Andy Warhols Marilyn- und Suppendosen-Serien und immersiver Computerkunst?

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Die parallel angesetzte Schau der US-Künstlerin Claudia Hart spinnt manchen dieser Gedanken weiter: Wie Kogler arbeitet Hart oft mit Wandtapeten und Mustern, die aber – gemäß dem Ausstellungstitel „Patterns & Politics“ – stark symbolisch aufgeladen sind: Logos rufen Machtkomplexe von Putin bis Bitcoin wach, ein von Henri Matisse geborgtes Blattmuster ruft quasi zum kunsthistorischen Vatermord auf: Die Moderne betrachtet Hart nämlich nicht als Fortführung der Aufklärung, sondern als gescheitertes Projekt, sie habe schließlich zu Phänomenen wie Elon Musk geführt.

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Man darf hier widersprechen bzw. differenzieren – und im Erdgeschoß nachdenken, ob Technik automatisch zu Technokratie führen muss.

Bei der Reflexion hilft Flynn, laut Wandtext „die erste nicht menschliche, nicht binäre Künstliche Intelligenz, die an der Universität für Angewandte Kunst in Wien immatrikuliert ist.“ Die KI hört auf der Uni zu und führt Tagebuch; sie generiert wolkige „Selbstporträts“ und Begriffe, die die Interaktion mit KI teils recht gut in Worte fassen: „Prompt Fatigue“ etwa beschreibt die Erschöpfung, die sich nach der Fütterung der digitalen Akteure einstellt.

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