Volkstheater: Und er will doch nur ein bisschen (Theater-)spielen

Volkstheater: Und er will doch nur ein bisschen (Theater-)spielen
Kritik: Kay Voges inszenierte „Faust I“ und ein bisschen „Faust II“ nach Johann Wolfgang von Goethe

Es war wohl ein freudscher Lapsus. Denn als Kay Voges bei seiner Antrittspressekonferenz meinte, wie sehr er sich auf die Volksbühne freuen würde, war der Weg klar. Denn die Volksbühne steht in Berlin und war unter der Leitung von Frank Castorf jahrzehntelang stilprägend in der Theaterlandschaft. Voges aber ist im Wiener Volkstheater angekommen und produziert hier eine Art Volksbühnen-Nostalgie.

Und das macht er eigentlich gar nicht so schlecht. Im Wiener Haus ist so ziemlich alles erlaubt. Man spielt mit dem Spiel, nimmt sich nicht allzu ernst – das führte auch zu einigen Preisen – und klopft die großen Klassiker auf ihre Aktualität ab.

So geschehen auch bei Johann Wolfgang von Goethes „Faust“, den Voges als Regisseur auf zwei Stunden und 15 Minuten herunterbricht und dabei zumindest noch einen kleinen Teil des fünften Akts von „Faust II“ einfließen lässt.

Volkstheater: Und er will doch nur ein bisschen (Theater-)spielen

Spaßtheater

Auf der Bühne (Michael Sieberock-Serafimowitsch) sieht man einen sich permanent drehenden Kubus, der jedoch kaum bespielt wird. Denn Interaktionen sind bei Voges nicht gefragt. Da gibt es doch zwei Standmikrofone links und rechts am Rand, wo der alte Zitatenschleuderer Goethe doch zu Wort kommen darf. Vor allem aber gibt es Bilder, die Marcel Urlaub mit Live-Kamera (Alltagskostüme: Mona Ullrich, Musik: Paul Wallfisch) mit der Kamera einfängt. Übrigens auch vom Publikum.

Und selbstverständlich ist auch eine Leinwand (Frank Castorf!) stets präsent. Bunt und grell präsentiert Voges diesen „Faust“, als Spaßtheater für Informierte, die vielleicht Goethe gelesen haben. So greift etwa der Theaterdirektor nach dem „Vorspiel auf dem Theater“ selbst ein, verspritzt Kunstblut und maßregelt Gretchen, wenn sie ihren „König von Thule“ vorsingen muss. Gott und Teufel kommen da eher nur im Off vor.

Dafür gibt es aber mehrere Fäuste (Andreas Beck, Claudio Gatzke und Frank Genser) und Gretchens (Hasti Molavian, Lavinia Nowak, Gitte Reppin und Friederike Tiefenbacher) und Mephistos (Lavinia Nowak, Uwe Rohbeck, Gitte Reppin) – frei nach dem Motto „Wir wollen doch nur spielen!“

Ein bisschen Sadomaso, ein paar Orgien, Drogen. Waffen‚ Songs und Gangster mit Prolo-Goldketten gehören dazu. Zumindest auf den Bildern. Denn es geht um den „Augenblick“, der so schön ist, dass er doch bitte verweilen möge. Auch sonst wird Goethes Zitatenkammer lustvoll geplündert, nur „des Pudels Kern“ findet Voges nicht. Aber Spaß macht das Ganze. Am Ende die Pointe: „Mehr Licht!“ – die letzten Worte Goethes vor seinem Tod. Insofern ist alles gut.

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