Viennale: Julia Roberts in einem umstrittenen #MeToo-Drama

Julia Roberts  und Ayo Edebiri stehen sich gegenüber.
"After the Hunt“ von Luca Guadagnino mit Julia Roberts als Philosophprofessorin hat keinen Kinostart.

Julia Roberts schafft es in Österreich nicht ins Kino. Ihr viel diskutiertes #MeToo-Drama „After the Hunt“ hätte zwar im Oktober regulär – wie auch in Deutschland – anlaufen sollen, wurde aber von Sony Pictures ohne Angabe von Gründen von der Startliste gestrichen. Wer „After the Hunt“ trotzdem sehen möchte, hat Gelegenheit auf der Viennale (Montag, 15.30 Uhr, Gartenbaukino).

„After the Hunt“ wurde von dem italienischen Regisseur Luca Guadagnino („Challengers“) nach einem Drehbuch von Nora Garrett verfilmt und steht seit seiner Premiere auf dem Filmfestival in Venedig im Kreuzfeuer der Kritik. Julia Roberts verkörpert darin eine Philosophie-Professorin namens Alma, deren Kollege und bester Freund Hank von einer Schwarzen Studentin namens Maggie (Ayo Edebiri) des sexuellen Übergriffs bezichtigt wird. Obwohl Alma große Stücke auf ihre Doktorandin hält, kann sie die Vorwürfe nicht so recht glauben. Hank wiederum beteuert seine Unschuld und behauptet, dass Maggie ihn anzeige, weil er sie des Plagiats überführt habe.

Schon bei der Pressekonferenz in Venedig musste sich Roberts der Frage stellen, ob „After the Hunt“ nicht anti-feministische Positionen aufgreife, wonach man #MeToo-Anklagen von Frauen in Zweifel ziehen müsse. Diesen Vorwurf wies Roberts zurück: Es gehe darum, Fragen aufzuwerfen in einer Gesellschaft, die die Kunst der Auseinandersetzung verloren habe.

Anti-Woke

Tatsächlich entstand „After the Hunt“ am Ende der Joe-Biden-Regierung und gefiel sich sichtlich in seiner provokanten Anti-Woke-Haltung. Schon der Filmbeginn mit seinem heiteren Jazz-Score verweist auf Woody Allen und positioniert sich klar kritisch gegenüber Cancel Culture. Als Erstes fällt der arme Hank einer Meute politisch korrekter Studierender zum Opfer, die Parolen brüllen und dafür sorgen, dass der Professor über Nacht gefeuert wird. Was er genau gemacht haben soll, bleibt ihm Dunkeln – gerade so, als würde es keine Rolle spielen. Die Studentin wiederum entpuppt sich als Tochter eines Millionärs und Spender der Universität; deswegen wird sie auch von der Professorin so geschätzt, so legt es der Film nahe: Nicht weil sie so klug, sondern weil sie so reich ist – eine Bestätigung des rechten Klischees von einer moralisch korrupten akademischen Elite.

Guadagnino hat betont, dass er einfache Schuldzuweisungen vermeiden und Grauzonen in Diskussionen um #MeToo ausloten wollte. Doch gerade die Darstellung von Grauzonen bedürfen analytischer Genauigkeit. In „After the Hunt“ bleiben nur Unklarheit und Ressentiment zurück.

Alexandra Seibel

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