Denn es sind Prüfungen – durchaus vergleichbar mit Wolfgang Amadeus Mozarts „Zauberflöte“ – durch die ein junges im Jean-Look gewandetes Paar gehen muss. Hier die Seele, die zumindest bei Carsen nach Höherem sucht. Dort der Körper, der sich gerne lustvoll auf das irdische Leben einlassen würde. Ratschläge prasseln auf die Beiden in Form von Allegorien ein. Der Verstand, der Gute Rat, die Zeit, die Welt, das Vergnügen, die Glückliche Seele oder der Schutzengel – sie alle haben ihren Auftritt, wollen verführen und berühren. Und das gelingt auch.
Szenisch macht Robert Carsen (auch Bühne und Licht) alles richtig. Eine fast leere Bühne, ein geniales Farbkonzept für alle Versuchungen (Schwarz, Rot, Gold), schon steht großes Revue-Theater auf dem Programm. Handfest, sicher, mit dem sprichwörtlichen banalem Zug zum Tor. Die Personenführung ist exzellent, die optische Überhöhung funktioniert dank einer perfekten Choreografie (Lorena Randi, toll auch die Kostüme von Luis Carvalho) einfach ideal.
Und wenn gegen Ende ein halbnacktes Engel-Ballett abhebt, weiß man, wie großes Welttheater auch aussehen kann und soll.
Und musikalisch? Da ist die Créme de la Créme am Werk.
Denn Giovanni Antonini und sein Ensemble Il Giardino Armonico sorgen für einen Cavalieri der Superlative. So farbenreich, so akzentuiert, so vital, so grandios erlebt man die so genannte „Alte Musik“ selten.
Dieser Dirigent zaubert melodische Wunderdinge quasi aus dem Finger, holt das Werk in die Gegenwart.
Die Sänger – sie sind purer Luxus an der Wien. So ist die Sopranistin Anett Fritsch, eine betörend-wohlklingende „Anima“, Bariton Daniel Schmutzhard steht ihr als stimmlich viriler „Corpo“ um Nichts nach. Das Ereignis dieser Produktion ist jedoch der phänomenale Countertenor Carlo Vistoli als androgyner Schutzengel, der in seinen Szenen alles abräumt.
Aber da wären ja auch noch andere Künstler von Format, wie etwa Cyril Auvity, Florian Boesch, Georg Nigl, Margherita Maria Sala – sie haben neben allen anderen als Allegorien extrem starke und sehr schön ausgespielte Auftritte.
Hinzu kommt noch der phänomenal Arnold Schoenberg Chor (Einstudierung: Roger Diaz Cajamarca), der wieder einmal auch darstellerisch sehr gefordert wird.
Braucht man diese „Rappresentatione di Anima et di Corpo“ also auf der Theaterbühne? Die Antwort ist ein klares Ja! Ovationen!
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