Urheberrecht: Streichung des umstrittensten Artikels steht im Raum

Urheberrecht: Streichung des umstrittensten Artikels steht im Raum
"Intensive Diskussion" in der ÖVP-Delegation über das Abstimmungsverhalten, SPÖ-Delegation geschlossen gegen die Reform. Streichung des Artikel 13 steht im Raum.

Vor der morgigen Abstimmung zum Urheberrecht herrscht im EU-Parlament auch innerhalb der Delegationen Tauziehen um das Stimmverhalten. Zuletzt sah es danach aus, als würde die Mehrheit für die Reform ordentlich wanken.

Der SPD-Europapolitiker Tiemo Wölken hält es für wahrscheinlich, dass das Europaparlament den umstrittenen Artikel 13 des neuen EU-Urheberrechts am morgigen Dienstag streicht. Wölken verwies am Montag gegenüber der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel auf die europaweiten Proteste am Wochenende und die Tatsache, dass die Abstimmung schon im September knapp ausgegangen sei.

Wenn das Trilog-Ergebnis im Detail wieder aufgemacht wird, dann muss morgen die neue Version eine Mehrheit finden - das ist, hieß es aus Delegationskreisen zum KURIER, aber überaus unwahrscheinlich.

Der österreichische Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) meinte in einem Offenen Brief an die Abgeordneten, dass diese sich „nicht einreden“ lassen sollen, „dass eine Streichung von Artikel 13 im Rahmen der Abstimmung eine Möglichkeit is um Zustimmung für das Vorhaben geworben. „Die Copyright Directive ist ein dringend notwendiger Schritt in die richtige Richtung“, schrieb Blümel am Montag. „Wir haben in den letzten Monaten eine riesige Welle des Lobbying und der Desinformation zu diesem Thema miterlebt. Es wurde enorme Verunsicherung erzeugt - mit Behauptungen, die nichts mit den Tatsachen und der Realität zu tun haben. Lassen Sie sich bitte davon nicht beeinflussen“, appellierte er an die Mandatare.

Wie die Österreicher abstimmen

In der ÖVP-Delegation "findet eine intensive Diskussion zu diesem Thema statt", hieß es zum KURIER. Noch am Montagabend wird es eine Fraktionssitzung der EVP geben, bei der das Thema besprochen werden soll.

Die SPÖ-Delegation hingegen wird geschlossen gegen die Reform stimmen, wie am Montag aus SPÖ-nahen Kreisen bekannt wurde. Hauptkritikpunkt ist hier der Artikel, in dem die technologischen Schutzmaßnahmen (vulgo "Uploadfilter") geregelt werden. Die SPE insgesamt soll jedoch zu rund zwei Drittel dafür stimmen.

Die Grünen sind Gegner der Reform, die FPÖ enthielt sich zuletzt.

 

Wie Deutschland streitet

Der deutsche Unions-Fraktionsvize Carsten Linnemann (CDU) sprach sich gegen Uploadfilter aus. Sie seien „nicht die richtige Wahl, ich möchte keine Zensur betreiben“, sagte er am Montag bei einer Veranstaltung der „Bild“-Zeitung. „Man ist das Ganze überstürzt angegangen“, kritisierte Linnemann.

Der Verhandlungsführer für die Urheberrechtsreform im EU-Parlament, Axel Voss (CDU), wiegelte ab: „Ich kann schon verstehen, dass sich keiner detailliert damit beschäftigt“, sagte Voss dem Portal „Zeit online“. Kritiker sollten sich aber „schon die Mühe machen, sich mit dem Gesamtkonstrukt auseinanderzusetzen. Dann würde man erkennen: So schlimm ist das alles nicht.“

Voss warf vor allem YouTube Stimmungsmache vor: „YouTube hat mit Informationen Druck auf YouTuber ausgeübt, die ihren vier bis fünf Millionen Followern alle den gleichen Mist erzählt haben, den YouTube den YouTubern erzählt hat: Die böse EU macht das Internet kaputt.“

Das Geschäftsmodell der Videoplattform nannte Voss „eine Art Enteignung“. YouTube betreibe ein rechtlich fragwürdiges Modell, in dem es das Eigentum anderer nehme, es in Geld verwandle, aber anderen nichts abgebe.

Wie es weiter geht

Sollten die Abgeordneten dem Vorhaben in Gänze zustimmen, würde es mit höchster Wahrscheinlichkeit noch vor der Europawahl Ende Mai beschlossen. Das Parlament könnte sich auch dafür aussprechen, einzelne Artikel zu streichen. Dann müssten die EU-Staaten dem anschließend allerdings zustimmen. Falls sie das nicht tun, müssten Europaparlament und EU-Staaten erneut verhandeln. Diese Verhandlungen wären wohl erst, nachdem das neue Europaparlament Anfang Juli zusammengekommen ist. Sollte das Parlament den gesamten Vorschlag am Dienstag ablehnen - was als unwahrscheinlich gilt -, müsste ebenfalls erneut verhandelt werden.

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