Der inklusive Pause knapp zweieinhalb Stunden lange Abend ist mindestens so sehr Konzert wie Theater. Die Pianistin und Performerin Clara Frühstück und der Rockmusiker Oliver Welter, bekannt von der Band Naked Lunch, interpretieren Schubert-Lieder, und sie tun dies sehr kompetent. Beide machen aber nicht nur Musik, sondern beteiligen sich auch am Schauspiel.
Atmen
Frühstück spielt ganz wunderbar Klavier, die Melodien atmen und tanzen. Welter hat eine großartige, zwischen ganz hoch und sehr tief wechselnde Gesangsstimme, die Schubert-Lieder bekommen bei ihm eine fast gefährliche Tönung. Außerdem spielt Welter sehr gut Gitarre.
Intendant Alexander Paul Kubelka hat sehr sensibel inszeniert, die Aufführung ist von Ruhe und Kraft geprägt. Man schaut fasziniert zu, wie Schuberts Welt langsam zusammenbricht. Die besondere Stärke dieser Inszenierung: Sie meidet jeden Schubert-Kitsch.
Stephan Bieker ist ein hervorragender Schubert, klein und eher stämmig entspricht er dem Bild, das man von Schubert hat. Als Künstler wird er gefeiert, als Liebender ist er erfolglos. Am Ende bricht er zu seiner letzten und allerletzten Reise auf – es geht zur Sommerfrische und schließlich in den Tod. Die Traurigkeit in seinen Augen berührt zutiefst.
Lenya Gramß spielt mit viel Gefühl und Kompetenz die von Schubert verehrte Josepha von Weisborn. Außerdem singt und tanzt sie ganz ausgezeichnet.
Toll gespielt
Andrei Viorel Tacu ist ebenfalls sehr gut als Schuberts Freund und Love-Coach Leopold Kupelwieser. Fanny Holzer ist eine sehr lustige Fleischhauerin Dorothea Tumpel. Felix Oitzinger spielt herrlich geschmeidig und glatt den Librettisten Franz von Tassié, der Schubert die geliebte Frau vor der Nase wegschnappt.
Großartig ist auch Lisa Schrammel als mysteriöse Figur, die mit Papiervogel singend die Bühne überquert.
Gespielt wird wie immer im Hof der Burg Perchtoldsdorf. Die Bühne ist bis auf ein Klavier nahezu kahl, sie wird dominiert von verbrannter Erde, aus der manchmal Rauch aufsteigt. Eine blaue Kutsche ist das einzige farbige Element.
Am Ende gibt es großen Jubel und viele Bravos für eine bemerkenswerte Inszenierung eines sehr feinen neuen Theaterstücks, das die Kraft der Kunst feiert, über den Tod zu triumphieren.
Wie heißt es im Stück? „Ist es nicht das Wesen der Kunst, alles Tote wieder lebendig zu machen?"
Peter Turrini konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht bei der Premiere sein. Aber sie hätte ihm sicher gefallen.
KURIER-Wertung: Viereinhalb von fünf Sternen.
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