Triumph für Jane Campion in Venedig: Benedict Cumberbatch als bösartiger Cowboy

Sensationell: Benedict Cumberbatch in „The Power of the Dog“
Jane Campion feiert ihr Comeback in Venedig: Benedict Cumberbatch brilliert als böser Cowboy in "The Power of the Dog"

Das Filmfestival in Venedig begann mit Bravour und legte mit einem weiteren Glanzstück nach. Auf Pedro Almodóvars exzellentes Beziehungsdrama „Madres paralelas“ folgte der exquisite Western „The Power of the Dog“ von Jane Campion im Wettbewerb.

Die neuseeländische Regisseurin, die mit „Das Piano“ (1993) als erste Frau die Goldene Palme von Cannes erhalten hatte, kehrt damit nach längerer Pause zum Kino zurück. Ihren letzten Film „Bright Star“ drehte sie 2009, seitdem arbeitete sie im Fernsehen. Mit „The Power of the Dog“ gelang der Filmemacherin, deren Arbeit als eine von (nur) fünf Frauen im diesjährigen Wettbewerb läuft, ein sensationelles Comeback. Es ist die Ironie der Geschichte, dass Campion ihre herrlichen Landschaftsbilder im cinephilen Breitwandformat ausgerechnet für den Streamingriesen Netflix drehte.

Campion ließ sich von dem gleichnamigen Roman von Thomas Savage aus dem Jahr 1967 inspirieren und erzählt von einem ungleichen Brüderpaar namens Phil und George. Die beiden leben in Montana von 1925, besitzen die größte Ranch der Umgebung und könnten unterschiedlicher nicht sein: Der eine trinkt, der andere nicht. George ist sanftmütig und nimmt gerne Bäder, Phil ist cholerisch und suhlt sich im Dreck. George gilt als freundlich und bescheiden, Phil als brillant und talentiert, verhält sich aber bösartig und arrogant. Als George hinter seinem Rücken eine melancholische Witwe namens Rose heiratet, entlädt sich Phils Hass auf die unglückliche Frau und deren schüchternen Sohn.

Ausgerechnet Benedict Cumberbatch, berühmt geworden als smarter Meisterdetektiv Sherlock Holmes, verkörpert den amerikanischen Rancher George – und noch nie hat man den distinguierten Briten so bösartig und getrieben gesehen wie in seiner Rolle als gequälter Cowboy. Anfänglich bleibt auch unklar, woher seine Wut auf die Schwägerin rührt: Ist es Eifersucht auf den Bruder oder heimliches Begehren?

Kirsten Dunst spielt die unglückliche Rose und versammelt in ihrem Gesicht ein Maß an Weltschmerz, das sich nur mit heimlichen Alkoholkonsum bekämpfen lässt.

Rachethriller

Jane Campion entfesselt die Dynamik unterdrückter Gefühle mit furioser Souveränität. Das Familiendrama und seine emotionalen Innereien implodieren inmitten eines epischen Landschaftpanoramas von großer Erhabenheit. Prächtige Western-Ikonografie verbindet sich mit den Triebstrukturen des Melodramas und saugt Momente des Horrorgenres in sich auf. Die gegensätzlichen Welten, die George und Phil verkörpern – der brave Bürger und der queere Außenseiter – kollidieren schließlich im Rachethriller, der erst ganz am Ende sein böses Haupt erhebt. Ein Triumph.

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