„Joeanneum“: Lokalposse rund um ein Universalmuseum

JOSEF SCHRAMMEL WIRD NEUER KAUFMÄNNISCHER JOANNEUM-GESCHÄFTSFÜHRER
Das Joanneum wurde zum „Joeanneum“: Postenbesetzungen in Graz völlig ohne Genierer - Muchitsch ab nun in Klagenfurt

Dieser Tage nimmt Wolfgang Muchitsch, lange Zeit Präsident des Österreichischen Museumsbundes, Abschied vom Joanneum in Graz –  nach „genau 7.300 Tagen“, wie er schreibt. Man könnte sagen: Es ist in Ordnung, wenn nach 20 Jahren jemand anderer die Leitung des größten heimischen „Universalmuseums“ übernimmt. Zumal Muchitsch bereits einen neuen, wiewohl nicht ganz so attraktiven Job gefunden hat: Ab 1. April ist er Direktor und wissenschaftlicher Geschäftsführer des Landesmuseums für Kärnten. 

Doch es sind die Begleitumstände, die einen zur Überzeugung kommen lassen: Es ist ganz und gar nicht in Ordnung, wie die steirische Kulturpolitik vorgegangen ist. Der "Standard" konstatierte „Postenschacher“ – und dieser Einschätzung kann Ihr Tratschpartner als sozialisierter Grazer nur beipflichten.

 

Die Misere begann vor fünfeinhalb Jahren. Es war klar gewesen, dass eine Institution wie das Joanneum nach dem Ausscheiden von Peter Pakesch, zuletzt mäßig erfolgreich, nur interimistisch von Muchitsch allein geleitet werden konnte: Christopher Drexler, damals Kulturlandesrat und jetzt auch Landeshauptmann (ÖVP), bestellte Ende 2017 den Historiker zum wissenschaftlichen Direktor – und Alexia Getzinger zur kaufmännischen Leiterin. Die Klagenfurterin war mit Günter Getzinger verheiratet gewesen und diesem, ebenfalls von der SPÖ entsandt, in den steirischen Landtag gefolgt. Anschließend (2015) wurde sie Vizepräsidentin des Landesschulrats, Ende 20 17 brauchte sie eine neue Aufgabe.

Ab Jänner 2018 war sie also für die Finanzen des Joanneums zuständig; Insider sprachen von einem ÖVP-SPÖ-Deal. Da sich Getzinger mehr für die Inhalte denn die Zahlen interessiert haben soll (sie hatte aber mit Markus Enzinger einen versierten Prokuristen), kam es zu Konflikten in der Direktion. Von der später offen ausgetragenen Feindschaft waren im Oktober 2022 auch die Hearings für die Zeit ab 2023 überschattet. In einer Art und Weise, dass keiner der Verträge verlängert wurde: Drexler ernannte Marko Mele, Chefkurator für Ur- und Frühgeschichte, zum Direktor. Dieser hatte die Findungskommission mit einem sachlichen Konzept überzeugen können.

Die kaufmännische Leitung hingegen wurde nochmals ausgeschrieben. Alexia Getzinger erkannte die Zeichen – und bestellte sich mehr oder weniger selbst zur Geschäftsführerin der Tierwelt Herberstein, die erst im Juli 2021 in den Museumsverbund Joanneum eingegliedert worden war. Vorerst interimistisch für sechs Monate ab dem Jänner 2023.

Prokurist Einziger hatte im Herbst 2022 auf eine Bewerbung verzichtet (weil er nicht Kalif werden wollte anstelle der Kalifin); aber nach Getzingers Abgang konnte er sich bewerben. Das tat er. Er galt von der Kompetenz her als Favorit, doch die Jury hatte einen ungereihten Dreiervorschlag abzugeben. Und so sorgte der Landeshauptmann für eine Postenschacher-Überraschung: Er bestellte mit 1. April für fünf Jahre Josef „Joe“ Schrammel zum kaufmännischen Leiter.

Der Betriebswirt, 1968 im Bezirk Hartberg geboren, war im Bankenbereich tätig – und in den vergangenen Monaten auch ehrenamtlicher Finanzreferent der steirischen ÖVP. Er sehe diese Tätigkeit nicht als Ausschlussgrund für die Position, sagte Drexler. Was sonst hätte er denn sagen können? „Joeanneum“ etwa?

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