Trenklers Tratsch: Der Souffleur in der Hand ermöglicht Inklusion

Im Burgtheater: Cyrano de Bergerac - noch ohne "Prompt" 
Ziemlich geniale Idee: Mit der App „Prompt“ kann man im Burgtheater das gesprochene Wort mitlesen. Theoretisch in allen Sprachen.

Sie wissen wahrscheinlich, was ein Prompter ist? Im Englischen der Souffleur oder die Souffleuse. Fürs Fernsehen hat man bereits Ende der 1950er-Jahre den Teleprompter entwickelt: Über einen Einwegspiegel vor dem Objektiv kann der Moderator davon den Text ablesen, ohne den Blick von der Kamera zu nehmen.

Und kennen Sie die App mit dem Titel „Prompt“? Sie ist ziemlich genial, obwohl man leider den Blick abwenden muss, um auf dem Smartphone lesen zu können, was auf der Bühne gesprochen wird. Entwickelt wurde diese App von der Burg in der Vorbereitungszeit von Martin Kušej mit dem Wiener Softwarespezialisten Lemon42. Der Direktor seit dem Herbst 2019 hatte damals eine Internationalisierung vor – und strebte Barrierefreiheit an.

Man überlegte verschiedene Möglichkeiten, wie Corina Lange erklärt. Sie kam 2001, unter der Direktion von Klaus Bachler, an die Burg und ist für die Sonderprojekte zuständig. Sollte man in die Rückenlehnen Displays einbauen (wie in der Staatsoper)? Oder Übertitelungen machen (wie bei den Festwochen, die immer viele fremdsprachige Produktionen zeigen)? Ob der nahezu unbegrenzten Möglichkeiten entschied man sich für die App. Sie kann kostenfrei im Google Play Store oder im Apple App Store heruntergeladen werden und zeigt den gesprochenen Text für Gehörlose oder Schwerhörige – die Artikulation lässt ja mitunter zu wünschen übrig – in weißer Schrift auf schwarzem Hintergrund an (damit niemand gestört wird). Zudem muss man sich ins W-Lan LIBR-BURG eingeloggt und den Flugmodus aktiviert haben. Wer kein Smartphone hat, kann sich eins ausborgen.

Die Burg bietet den Service aber nicht nur auf Deutsch, sondern für Touristen auch in anderen Sprachen an, gegenwärtig in Englisch und Russisch. Nicht jeden Abend wohlgemerkt: Man wählt jene Produktionen aus, von denen man annimmt, dass sie für die Touristen interessant sein könnten. Denn die Erstellung des Textes auf Deutsch und die Adaptionen der (in der Regel vorhandenen) Übersetzungen koste viel Geld. Und bei einem Live-Ereignis mit Menschen auf der Bühne könne es eben keine Automatisierung geben: In der Multimedia-Loge „fahren die Damen die Sprachen“.

Die Nachfrage nach der Russisch-Übersetzung ist derzeit nicht so gewaltig. Wären da nicht andere Sprachen vordringlicher, zum Beispiel Serbisch oder Türkisch? Ihrem Tratschpartner fällt in der U-Bahn immer wieder auf, dass viele Menschen, die in Wien arbeiten und leben, nicht auf Deutsch, sondern in ihrer Muttersprache telefonieren. Weil es mittlerweile genügend Landsleute gibt, findet man mit Türkisch oder Serbisch durchaus das Auslangen. Das wird sich nicht mehr ändern, es gibt die Parallelgesellschaften eben längst.

Auch diese Menschen zahlen Steuern, aber es gibt fast keine Kulturangebote für sie. Wären Übersetzungen auf Türkisch oder Serbisch nicht zumindest ein erster Schritt? Zumal man mit Übertitel ja auch das Vokabular anderer Sprachen erlernt ...

Corina Lange hört zu. Sie verspricht, das Thema intern zur Sprache zu bringen. Und Thomas Birkmeir, Direktor des Theaters der Jugend, will sich prompt mit der Burgtheater-App auseinandersetzen. Denn Theater beharrlich nur auf Deutsch: Das ist überhebliche Exklusion.

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