Tom Waits auf Wienerisch: Der Teufel holt den Strawanzer

Tom Waits auf Wienerisch: Der Teufel holt den Strawanzer
"Thomas wartet": David Semotan begeistert im Bronski & Grünberg mit seinen Interpretationen von Tom-Waits-Songs

Um Tom Waits ist es verdammt still geworden. Sein letztes Album, „Bad As Me”, erschien 2011. Auch Jakob Semotan bleibt nichts anderes übrig, als zu warten. Aber der junge Tenor, an der Volksoper unter anderem in „Cabaret“ und „La Cage aux Folles“ im Einsatz, blieb nicht untätig: Er übersetzte, wie vor ihm Wolfgang Ambros (auch schon 23 Jahre her), etliche Lieder des kauzigen Amerikaners mit der tiefergelegten Clochard-Stimme ins Wienerische.

Unter dem Titel „Thomas wartet – auf Tom Waits im Bronski“ präsentiert er seine Übertragungen ebendort, also im Bronski & Grünberg. Ihm zur Seite stand das Leading Team, mit dem er im Advent die schräge „Big Bronski Christmas Show“ realisiert, darunter Julia Edtmeier (Mise-en-scène) und Christian Frank (Arrangements).

Der 70-minütige, viel zu kurze Abend nimmt passenderweise in der Bar seinen Ausgangspunkt. Mit stark geschminkten Augenhöhlen (ein Waits-Zitat) und Megaphon (auch ein Waits-Zitat) bahnt sich Semotan seinen Weg in den Saal, die vier Musiker haben bereits auf der verschachtelten Bühne Platz genommen. Dann singt er vom grauen Himmel, der mit ihm weint. Jeder Traum müsse sterben, was übrig bleibt seien Scherben.

Semotan gelingt es erstaunlich gut, die Tom-Waits-Depri-Stimmungen mit der Wiener Melancholie in Einklang zu bringen, mancher Song klingt gar wie ein uraltes Wienerlied. Vielleicht auch deshalb, weil Semotan Wörter und Wendungen verwendet, die schon fast in Vergessenheit geraten sind (darunter die „Filterlose“ und der „Pfitschipfeil“): Heute lässt er die Puppen tanzen, heute geht er strawanzen. Und natürlich holt ihn irgendwann der Teufel.

In der S-Bahn

Die klassischen Waits-Hadern (wie „Ruby’s Arms“) lässt Semotan aus, bei manchen Bearbeitungen erkennt man das Original nicht unbedingt: War das jetzt „I’ll be Gone“? Und doch flicht er ein paar Nummern ein, bei denen es allen warm ums Herz wird, darunter „Innocent When You Dream“ – oder „Tom Traubert’s Blues“ in der Version von Wolfgang Ambros („Mathilda“).

Gegen Ende hin lebt die Hoffnung, in der S-Bahn auf die Angebetete zu stoßen („Downtown Train“), dann darf jeder – darunter Daniel Schober (Kontrabass), Felix-Reischl (E-Gitarre) und Lukas Wögerer (Schlagwerk) – mit einem Solo glänzen. Den schleppenden, verzerrten Waits-Sound gibt’s nur ansatzweise, aber trotzdem viel „Glitter and Doom“. Standing Ovations.

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