Thielemanns Osterfeuerwerk

Ein lächelnder Mann zeigt auf den Salzburger Dom und die Festung Hohensalzburg.
Der Kapellmeister über seine Pläne für Salzburg, die Situation in Dresden und in Wien.

Christian Thielemann ist einer der begehrtesten Dirigenten der Welt. Er ist Chef der Sächsischen Staatskapelle Dresden und hat mit diesem Klangkörper die Salzburger Osterfestspiele nach dem Finanzskandal in der Zeit der Berliner Philharmoniker konsolidiert – ab 28. März zündet er wieder ein musikalisches Osterfeuer. Er ist der zentrale Künstler bei den Bayreuther Festspiele, wo er im Sommer eine Neuproduktion von "Tristan und Isolde" leitet. Und er ist im Gespräch für die Chefposition bei den Berliner Philharmonikern. Im KURIER-Interview nimmt er zu diesem Gerücht Stellung – und auch zu den Pegida-Demonstrationen in Dresden.

KURIER: Sie dirigieren bei den Osterfestspielen Salzburg "Cavalleria" und "Bajazzo", zwei echte Reißer. Was schätzen Sie an dieser Musik so besonders? Und wie kam es zu dieser Entscheidung?

Christian Thielemann: In den letzten beiden Jahren haben wir mit "Parsifal" und "Arabella" die großen Jubilare Richard Wagner und Richard Strauss geehrt und damit zugleich das Repertoire bedient, auf dem die Staatskapelle Kompetenzen vereint wie kaum ein anderes Orchester. Er wäre jedoch falsch, die Staatskapelle auf dieses Repertoire eingrenzen zu wollen. Schon Toscanini kam nach Dresden, um die Staatskapelle unter der Leitung des damaligen Generalmusikdirektors Fritz Busch mit Verdi zu hören! Insofern ist es nur konsequent, in unserem dritten Jahr auch diese Repertoirelinie unserem Salzburger Publikum zu präsentieren.

Dank Ihnen und der Sächsischen Staatskapelle Dresden ist bei den Osterfestspielen wieder Ruhe eingekehrt. Wie sehen Sie das Festival heute positioniert? Und wie kann die Zukunft gestaltet werden?

Wir können mit der Entwicklung sehr zufrieden sein. Wir kommen gerne nach Salzburg, fühlen uns dort herzlich willkommen, und die Publikumszahlen entwickeln sich stetig nach oben. Nun steuern wir mit großen Schritten auf das Jubiläumsjahr 2017 (50 Jahre Salzburger Osterfestspiele, Anmerkung) zu, für das es schon viele Ideen gibt – über die wir zu gegebener Zeit auch informieren werden.

Bei den Osterfestspielen wird es künftig mit Peter Ruzicka einen neuen Intendanten geben. Wie ist die diesbezügliche Zusammenarbeit vorgesehen?

Die Zusammenarbeit hat schon längst begonnen. Ich bin Peter Ruzicka seit vielen Jahren freundschaftlich verbunden und habe mehrfach von seinen klugen Ratschlägen profitiert. Am 29. März stellen wir das Programm für die Osterfestspiele 2016 vor. Dort werden Sie bereits erste Früchte der gemeinsamen Arbeit kennenlernen.

In Dresden, wo Sie Chef der Staatskapelle sind, gibt es immer wieder Gerüchte, wonach bald ein neuer Intendant für die Semperoper bestellt werden könnte. Wie sehen Sie diese Debatte?

Die Position ist momentan durch den Kaufmännischen Geschäftsführer der Semperoper, Wolfgang Rothe, kommissarisch besetzt. Dauerhaft benötigen wir aber einen Intendanten, der sich ausschließlich um die künstlerischen Belange des Hauses kümmern kann. Die Sächsische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, Eva-Maria Stange, hat die Suche nach einem neuen Intendanten zur Chefsache erklärt, und damit liegt diese Aufgabe in besten Händen.

In Wien wurde sogar schon darüber spekuliert, dass Staatsoperndirektor Dominique Meyer ein Kandidat für Dresden sei. Wie ist Ihr Verhältnis zu ihm? Wie schätzen Sie die Lage ein?

An Spekulationen möchte ich mich nicht beteiligen. Warten wir doch einfach ab. Mit Dominique Meyer verstehe ich mich persönlich sehr gut, und er fühlt sich – so weit ich weiß – in Wien sehr wohl.

Sie werden in Wien eine Premiere von "Hänsel und Gretel" dirigieren. Gibt es weitere Pläne?

Pläne gibt es sehr wohl, über die ich aber noch nicht sprechen möchte.

Braucht ein Haus wie die Wiener Staatsoper überhaupt einen Generalmusikdirektor?

Ich weiß es nicht. Wien ist besonders und die Position des GMD an der Staatsoper nicht selten ein Schleudersitz.

Sie haben sich zuletzt in der "Zeit" mit einem Artikel über die Pegida zu Wort gemeldet und dafür plädiert, den Menschen zuzuhören. Ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, an dem sich wieder verstärkt Künstler auch politisch äußern sollten? Sind die Pegida-Demos nach wie vor ein Störfaktor für die Semperoper?

Das Phänomen Pegida ist in Dresden nach wie vor präsent, auch wenn es an Bedeutung zu verlieren scheint. Ich glaube nicht, dass Künstlern eine herausgehobene Rolle im politischen Diskurs zufällt. Im Idealfall sollten sich doch alle Menschen einmischen. Und das zumindest hat die Diskussion um Pegida in Dresden erreicht. Es wird wieder über Politik diskutiert. Und das ist in einer Demokratie dringend erforderlich.

In Berlin wird am 11. Mai ein neuer Chefdirigent der Philharmoniker gewählt. Ihr Name ist als Wunschkandidat immer wieder gefallen. Wäre das für Sie eine Option?

Ich bin sehr glücklich in Dresden, habe ein Orchester, mit dem ich mich künstlerisch und menschlich glänzend verstehe. Was will man mehr?

Der Kapellmeister
Christian Thielemann wurde 1959 in Berlin geboren, war schon früh Assistent Karajans (auch in Salzburg), wurde 1988 in Nürnberg jüngster Generalmusikdirektor Deutschlands. Ab 2004 war er Chef der Münchner Philharmoniker, seit 2012 ist er Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle, seit 2013 künstlerischer Leiter der Salzburger Osterfestspiele.

Italienische Opern
Die Osterfestspiele 2015 beginnen am 28. März mit Mascagnis "Cavalleria" und Leoncavallos "Pagliacci". Thielemann dirigiert die Sächsische Staatskapelle, Philipp Stölzl inszeniert. Jonas Kaufmann, Liudmyla Monastyrska, Maria Agresta u. a. singen. Danach gibt es drei verschiedene Orchesterkonzerte und am 2. 4. das "Konzert für Salzburg".

Kommentare