Theater-Akzent: Der Allmächtige will Schluss machen

Gott zu sein ist, wie man in Wien sagen würde, keine gute Hacke. Man ist ganz alleine, man ist für alles verantwortlich, und dann benehmen sich die werten Geschöpfe auch wie die Deppen. Kein Wunder, dass Gott eines Tages das Bedürfnis verspürt, sich auf die Couch einer Psychotherapeutin zu legen oder zu setzen.
Das ist die - großartige und originelle - Ausgangssituation des Stückes "Oh mein Gott", das im Theater Akzent Premiere hatte.
Autorin dieses erstklassig gebauten "well made play" ist die Israeli Anat Gov. Sie wurde 1953 in Tiberias geboren und arbeitete als Drehbuchautorin für Comedy- und Satire-Sendungen im Fernsehen. 1991 begann sie mit viel Erfolg Stücke zu schreiben, außerdem arbeitete sie als Zeitungskolumnistin. 2012 starb sie an Krebs.
Gott auf der Couch
Zu Beginn des Stückes taucht ein mysteriöser Mann bei der Psychologin Ela auf. Zuerst will er seinen Namen nicht nennen, aber bald stellt sich heraus: Er ist Gott. Und er hat genug. Von sich selbst und von seiner Schöpfung. Gott würde gerne sterben, aber das kann er nicht. Und er hat nicht einmal eine Mutter, der er die Schuld an allem geben könnte. Kurz: Er will mit allem Schluss machen.
"Oh mein Gott" ist ein sehr jüdisches Stück: Juden dürfen im Unterschied zu Christen mit ihrem Gott hadern und diskutieren. Und sie verlieren dabei nie ihren scharfsinnigen Humor.
Ela versucht jetzt alles, zu Gottes Seele vorzudringen und dabei die Welt zu retten. Und sie ist ziemlich gnadenlos. Wie war das mit Hiob? Warum hat Gott einen Mann, der ihn wirklich liebte, so furchtbar bestraft? Vielleicht weil er ihn liebte?

Fernsehstars
Was diese Produktion außergewöhnlich macht: Es spielen zwei Fernsehstars, Katharina Stemberger und Wolf Bachofner, beide kennt man eher aus Krimi-Serien. Beide spielen, das sei gleich unmissverständlich festgehalten, wirklich großartig.
Stembergers Ela gibt sich als toughe Psychotherapeutin im strengen Kostüm. Sie hat ein behindertes Kind, und dass sie einmal kurz davor war, sich und dieses Kind zu töten, verdrängt sie mit aller Kraft.
Bachofners Gott versteckt sich zu Beginn hinter einer Sonnenbrille und hat sich viel Frustspeck angegessen. Er ist vor allem müde.
Hans-Peter Kellner hat diesen Text großartig inszeniert, die Vorstellung verliert nie die Spannung und wechselt zwischen Komik und Verzweiflung.
Am Ende, soviel sei verraten, gibt es eine lange Umarmung. Und wir dürfen weiterleben.
Vom Premierenpublikum gab es nach 90 packenden Minuten langen Applaus und viele Bravos.
KURIER-Wertung: Viereinhalb von fünf Sternen.
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