Harte Arbeiter im Hintergrund

Die Augen des fünfjährigen Philipp Scheibl haben an einem Heiligen Abend in den Neunzigerjahren besonders hell geleuchtet. Denn sein bislang größter Wunsch stand neben dem Christbaum – ein Schlagzeug. Endlich durfte er Felle anstatt Kochtöpfe bearbeiten. Wie das Weihnachtsgeschenk bei den Nachbarn aufgenommen wurde, weiß er fast 20 Jahre danach zwar nicht mehr so genau. Aber in puncto Lärmbelästigung sei das alles halb so schlimm gewesen, sagt er im KURIER-Interview. Denn: "Das Kinderschlagzeug hatte noch keine Becken." Diese sollte man laut Scheibl auch erst dann verhauen, wenn man den richtigen Umgang mit der Snare, der kleinen Trommel, beherrscht.

Ringo und Jack
Der Schlagzeuger, der seit 2012 bei Bilderbuch den Rhythmus vorgibt, blättert während des Gesprächs in "The Drum Thing", einem Bildband der irischen Fotografin Deirdre O’Callaghan, der kürzlich bei Prestel erschien. Das Projekt, das in den vergangenen fünf Jahren entstand, enthält mehr als 100 Bilder mit Interviews der weltbesten Schlagzeuger – darunter Dave Grohl und Jack White. Auf über 250 Seiten ist das das Who’s who der Szene abgebildet – von Clem Burke (Blondie) über Ringo Starr (Beatles) bis hin zu Larry Mullen Jr. (U2). "Ich liebe es, Trommler zu sehen, es ist wie ein Tanz", schreibt die Fotografin im Vorwort über ihre Bilder. Die Botschaft ihres Buchprojektes: Schlagzeuger sind unterbewertet und werden zu wenig geschätzt.

Schattendasein
Vielleicht liegt das daran, dass Schlagzeuger oft im Schatten der Sänger und Gitarristen stehen, obwohl sie laut einer Studie den härtesten Job auf der Bühne verrichten: Bei einem Puls von 190 Schläge pro Minute kommen sie auf einen Kilokalorienverbrauch von bis 600 pro Stunde. "Einige Schlagzeuger haben mit der mangelnden Aufmerksamkeit ein Problem, aber ich fühle mich sehr wohl in dieser Rolle. So kann ich ungestört in einem Kaffeehaus sitzen, durch die Mariahilfer Straße gehen, ohne ständig angesprochen zu werden. Bei Maurice (Sänger von Bilderbuch, Anm. d. Red.) ist das anders. Hinter dem Schlagzeug ist der einzige Platz auf der Bühne, den ich mir vorstellen kann", sagt Scheibl. Außerdem sei der Schlagzeuger der zweite Frontmann einer Band, "weil er sehr viel Verantwortung hat. Wenn das Schlagzeug nicht groovt und nicht am Punkt ist, dann ist das fatal." Als Vorbild nennt Philipp Scheibl unter anderem Chad Smith. "Den habe ich im Sommer mit den Red Hot Chili Peppers gesehen. Er ist ei-ner meiner Jugendhelden."

Für Scheibl bedeutet Schlagzeugspielen nicht nur Arbeit, sondern auch Entspannung: "Die einen gehen joggen, ich spiele Schlagzeug. Das macht den Kopf frei."
Info: Bilderbuch veröffentlichen am 17. 2. ihr neues Album "Magic Life". Live: 3. 2. beim Air & Style in Innsbruck, 6. 5. in Graz, 17. und 18. 5. in Wien und 26. 8. in Linz.

"The Drum Thing" von Deirdre O'Callaghan, 256 Seiten, Prestel Verlag, Bestellnummer: 978-3-7913-8269-2, Preis: 45,00 €
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