Nach einer Schau im Privatmuseum des Max-Mara-Gründers Achille Maramotti nahe Bologna ist die aktuelle Ausstellung mit dem Titel „Today, One Month Ago“ bei Deiningers Wiener Stammgalerie Martin Janda schon die zweite Solo-Präsentation, die lockdownbedingt einem breiteren Publikum vorenthalten wurde. „Dabei ist mir diese Ausstellung besonders wichtig“, sagt die Künstlerin, „mit ihr bin ich wirklich hundertprozentig zufrieden.“ Nun wurde die Schau bis 20. 2. verlängert, am Dienstag sperrt die Galerie wieder auf.
Wenngleich Deiningers Arbeiten bei oberflächlicher Betrachtung schlicht als abstrakte Kompositionen durchgehen können, schließen sie auf den zweiten Blick einen Kosmos auf, der tief in die Geschichte und Gegenwart der Malerei hineinreicht. Auf der Ebene der Motive balancieren die Bilder geschickt zwischen Erkennbarem und Nicht-Erkennbarem, lassen an Körperformen, Gesichter und Gefäße denken.
Zugleich spalten sie das moderne Verständnis, dass ein Gemälde, unabhängig davon, was es darstellt, am Ende doch Farbe auf einer flachen Leinwand sei, in ein Kaleidoskop an Wenns und Abers auf: In einem Bild Deiningers erkennt man geschliffene und gemalte Flächen, fast rohe Leinwand und vergipste Flächen, reliefartige Strukturen und Farbeffekte, die sich nur dadurch ergeben, dass hinter einem Oberflächen-Braun etwa ein Rot lauert. Nirgends aber ist ein wild gesetzter Pinselstrich: Da überrascht es zu hören, dass Deininger ihre Arbeiten mitunter als „improvisiert“ bezeichnet und nie Vorzeichnungen anfertigt.
„Intuition und Konzeption ist immer gleichzeitig da“, präzisiert die Künstlerin. Oft hätten schon Zufälle ihre Werke auf neue Bahnen gebracht, oft „müssen die Bilder auch genauso werden, wie ich sie am Anfang haben wollte“, sagt sie. Dass sie ihre bildnerischen Vorstellungen irgendwann auch nur mit ein paar lockeren Strichen realisieren könnte, will Deininger nicht ausschließen. Ihr bisheriger Weg führte sie aber in eine akribische Arbeitsweise und eine fast obsessive Beschäftigung mit Materialien: Gewisse Grundierungen müssen aus den USA kommen, die Tusche aus Deutschland.
Dass Deininger im Frühjahrs-Lockdown 2020 ihre Zelte in Wien abbrach und ihre Lebensmittelpunkte auf Berlin und Mailand aufteilte, hat ihre Arbeit nicht unbedingt einfacher gemacht.
In den Monaten der Ausstellungsvorbereitung reifen Deiningers Werke gleichsam, unterschiedliche Bilder lernen voneinander. Nie aber macht die Aussage am Rand eines einzelnen Bildes halt: Oft vergleicht die Künstlerin ihre Werke mit Worten, Ausstellungen mit Sätzen – Formate, Bildabfolgen, räumliche Trennungen erfüllen allesamt einen Zweck.
In einer Ausstellung geht es oft um bewusste Kontraste und Widersprüche. „Ich gebe keine Bilder aus der Hand, die nicht irgendwann einmal eine Funktion gehabt haben“, sagt sie.
Es gibt allerdings nicht wenige Sammler, die Deininger ihre Bilder gern aus der Hand reißen würden: Ihr Stern am Markt ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen, nicht nur in Italien und Österreich, auch in den USA, wo die nächste Solo-Schau Deiningers im Herbst ansteht.
Die Ausstellung in Deiningers Wiener Galerie – mit Werkpreisen zwischen 11.000 € und 76.000 € – war schon bei Eröffnung ausverkauft und folglich eine ökonomisch willkommene Krisenlinderung. Für die Künstlerin ist der Erfolg trotzdem getrübt, solange ihre Schau nicht in der intendierten Gesamtheit gesehen wird: „Ich freue mich wirklich über jede einzelne Person, die kommt“, sagt sie.
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