„Stromberg"-Star Christoph Maria Herbst: „Reiten auf der Krisenwelle“
Christoph Maria Herbst hätte eigentlich Bankkaufmann werden sollen, entschied sich aber doch fürs Theater. Danach wurde es lustig. Herbst entdeckte sein komödiantisches Talent, bewährte sich in der Comedy-Reihe „Ladykracher“ und wurde Abteilungsleiter Bernd Stromberg in der Arbeitsplatz-Sitcom „Stromberg“. Die deutschen Komödien „Der Vorname“ und „Der Nachname“ kamen ebenfalls nicht ohne ihn aus. Nun spielt Christoph Maria Herbst in der Tragikomödie „Ein Fest fürs Leben“ einen Hochzeitsplaner, der die perfekte Hochzeit organisieren willl – und dann am großen Tag im Chaos versinkt.
KURIER: Herr Herbst, es gibt einen ganzen Stapel an Hochzeitsfilme, von „Vater der Braut“ bis hin zu „Brautalarm“ – und jetzt „Ein Fest fürs Leben“. Warum eignen sich Hochzeiten so gut zur (Tragi)komödie?
Christoph Maria Herbst: Eine Hochzeit hat eine ungeheure Wichtigkeit im Leben zweier Menschen und ist im besten Falle auch etwas Singuläres. Das gibt’s nur einmal. Alles strebt darauf hin, dass es der perfekte Tag, der perfekte Moment wird. Das schreit ja geradezu danach, dass vieles, wenn nicht sogar alles in die Hose geht. Auf dieser Krisenwelle reitet natürlich auch „Ein Fest fürs Leben“.
Wie haben Sie denn selbst geheiratet? Auch mit Hochzeitsplaner oder eher still?
Still. Genau dem, was wir da in „Ein Fest fürs Leben“ erzählen, wollten wir uns nicht aussetzen. Unsere Hochzeit war so geheim – wir wussten quasi selber nicht, dass wir uns gerade das Ja-Wort geben.
Was hat Ihnen denn besonders an der Rolle in „Ein Fest fürs Leben“ gefallen?
Mich hat es erst mal gereizt, einen Chef spielen zu können, der so gar nichts mit meiner Rolle als Bernd Stromberg (Chef in der Arbeitsplatz-Sitcom „Stromberg“, Anm.) zu tun hat. Er ist ein Chef, der zwar auch einen grauen Anzug trägt und irgendwelche Anweisungen gibt, aber einer, der sich nicht durch Zynismus, Boshaftigkeit oder etwas Menschenverachtendes auszeichnet. Er stellt sich komplett vor seine Leute. Er ist wie eine Lämmer-Mutter und fast schon eher Freund als Chef, auch wenn ihm zwischendurch die Hutschnur reißt, weil viele Dinge einfach nicht funktionieren. Was mich noch gereizt hat, ist, dass es ein Ensemblefilm ist und ich wieder total Lust darauf hatte, mit vielen Leuten, noch dazu so tollen Leuten zusammen spielen zu können. Und das dritte war, dass ich mal wieder totale Lust darauf hatte, unter der Regie von Richard Huber zu arbeiten, der hier auch fürs Drehbuch verantwortlich zeichnete.
Könnten Sie sich selbst in dem Job eines Eventmanagers vorstellen?
Kurze Antwort: Nein. Es ist echt schwierig, in der heutigen Zeit Dienstleister zu sein. Ich glaube, die Ansprüche von denjenigen, die die Kohle mitbringen, steigen immer mehr ins Unermessliche. Ich bin zwar als Schauspieler im weitesten Sinne auch so eine Art Dienstleister. Aber ehrlicherweise bin ich ganz froh, dass ich selbstständig und freischaffend bin und nicht ständig irgendjemandem die Klinke putzen muss.
Wie reagieren Sie unter Stress? Wären Sie auch so der ruhige Typ wie der Hochzeitsplaner Dieter Salzmann oder würden Sie eher ausflippen?
Also, wenn ich mir mich als Hochzeitsplaner vorstelle, dem alles schiefgeht, was Dieter Salzmann schiefgeht, würde ich an die Decke gehen. Ich glaube, da würde mein Langmut nicht reichen. Ansonsten ist der Langmut in meinem eigentlichen Leben geradezu buddhistisch. Nehmen Sie beispielsweise den Straßenverkehr her: Der wird ja gerne als Bühne zum Ausagieren nicht gelebter Leidenschaften verwendet, wo man seine Aggressivität ausleben kann (lacht). Dafür bin ich überhaupt nicht der Typ. In dem Moment, wo ich mich in dieses schwierige Fahrwasser Straßenverkehr begebe, weiß ich, dass ich von vielen Idiotinnen und Idioten umgeben bin. Mich dann noch aufzuregen, ist Quatsch. Ich weiß ja schon, was auf mich zukommt. Da bin ich, glaube ich, eher strukturiert und zu sehr bei mir, als dass ich mich da aufregen würde. Zudem lernt man Langmut ja auch auch am Set. Es gibt diesen schönen Satz: „Die Hälfte seines Lebens wartet der Schauspieler vergebens.“ Das stimmt. Und das stimmt oft auch am Set: Du sitzt da – und es passiert einfach nichts. Und dann kommt jemand von der Aufnahmeleitung und sagt: „Deine Szene schaffen wir heute nicht mehr, du kannst nach Hause gehen.“ Und ja: Da halte ich es dann mit dem guten alten Richard Burton, der zu einem Aufnahmeleiter, der sich quasi auf Knien bei ihm entschuldigte, gesagt hat: „Mein Sohn, nicht schlimm. Ich werde für den ganzen Tag bezahlt.“ Also: Aus der Ruhe wächst die Kraft.
Spielen Sie gerne ein bisschen den braven Bürger, der sich am Chaos reibt und damit Komik erzeugt?
Sagen wir so: Ich habe Freude an Figuren, die schief ins Leben gebaut sind und irgendwie etwas Defizitäres mit sich herumschleppen. Wenn wir von Defiziten reden, sind wir natürlich mitten im Leben von Dieter Salzmann, denn der befindet sich in der Schaffungs-, Lebens- und Arbeitskrise. Wir erleben ihn an einem Tag, wo er nicht gerade die beste Version seiner selbst ist – und das ist für eine Komödie oder Tragikomödie natürlich die beste Voraussetzung.
Ist es manchmal für Sie hilfreich, dass Sie früher eine Banklehre bei der Deutschen Bank gemacht haben? Je ernsthafter eine Figur, desto größer ihr Humorpotential?
Ich glaube, es ist ein wesentliches Geheimnis von Komik, dass man eine Figur erst einmal sehr seriös und sehr ernsthaft erzählt und dann Erwartungshaltungen bricht. Der Zuschauer meint, er habe verstanden wie jemand tickt – und dann fliegt einem einfach alles um die Ohren. Das ist, glaube ich, eine komödiantische Gesetzmäßigkeit, aber nichts, was ich mir bewusst suchen würde. Ich würde es eher andersrum sagen: Solche Figuren finden mich.
Haben Sie ein komödiantisches Vorbild?
Eine Menge. Viele sind leider schon verstorben. Das fängt bei Stan Laurel und Oliver Hardy an. Es ist einfach unfassbar, was die beiden in Sachen Humor und Timing geleistet haben. Allein, wie damals Filme gedreht wurden: Es gab ja keinen Bildschirm, wo man sich anschauen konnte, ob die Choreographie, die man gerade gedreht hat, funktionierte oder nicht. Der Film wurde Tage oder Wochen später entwickelt, und erst dann konnten sie sehen, was sie da eigentlich getan haben. Davor kann ich nur tausend Hüte ziehen. Heute sind wir viel abgesicherter. Auch das Material kostet mittlerweile nichts mehr, weil alles digital ist. Also, da kann ich mich nur verbeugen.
„Ein Fest fürs Leben“ ist das Remake eines französischen Films, „Stromberg“ ein Remake der britischen Serie „The Office“, „Der Vorname“ ein Remake der französischen Komödie „Le Prenom“. Braucht die deutsche Komödie Humorhilfe?
Die Frage des Remakes oder der Adaption ist sehr spannend. Das BBC-Format „The Office“, dass das Vorbild für „Stromberg“ darstellte, war in England alles andere als ein Erfolg. Die Serie war selbst den Briten zu sophisticated. Umgekehrt haben wir von „Stromberg“ viel mehr Staffeln und auch noch einen Kinofilm gemacht. Das gibt es von „The Office“ gar nicht. Man konnte es also auch andersherum sagen: „Wenn die Deutschen was machen, dann richtig“ (lacht). Und bei „Le Prenom“ war es tatsächlich so, dass die deutsche Adaption „Der Vorname“ im Kino viel besser funktionierte. Ich glaube, die Zuschauerinnen und Zuschauer mögen das gerne, wenn ihnen die „eigenen“ Leute eine Geschichte mit deutschem Hintergrund erzählen. Diese großbürgerliche Welt in Paris, wo alle am Tisch sitzen und Rotwein trinken und so ganz viel mit den Händen reden, schauen wir uns zwar auch gerne an, aber mit einer gewissen Distanz. Da schwingt immer ein wenig Louis de Funès mit. Wenn wir Deutschen etwas erzählen, wird alles eher getragener und schwerer … Und die Deutschen lieben ihre Gaukler, ihre Schauspielerinnen und Schauspieler und finden es dann vielleicht ein bisschen attraktiver, wenn sie von ihnen eine Geschichte erzählt bekommen und nicht von Franzosen oder Engländer, deren Namen sie nicht kennen.
Gibt es Ihrer Ansicht nach einen Unterschied zwischen dem österreichischen und dem deutschen Humor?
Ja, total. Der größte Unterschied ist, dass ich den österreichischen Humor liebe und den deutschen nicht immer.
Was lieben Sie daran?
Der österreichische Humor ist derb, böses und schwarz. Er kommt als süßer Kaiserschmarrn daher und ist dann doch vergiftet, weil er mit scharfem Senf gefüllt ist. Das mag ich. Das ist super. Der deutsche Humor kann das auch sein, aber auch noch vieles mehr. Und eine Menge davon gefällt mir nicht (lacht). Das habe ich bei dem, was ich aus Österreich gesehen habe, bisher noch nicht erlebt.
Kommentare