Am 26. September wählt Graz. Bürgermeister Siegfried Nagl will daher jetzt alles geben: „Alles für Graz.“
Gleich vier ÖVP-Politiker durften am Donnerstagnachmittag bei der Eröffnung des Festivals steirischer herbst reden, also auch der Kulturstadtrat, der Kulturlandesrat und der Landeshauptmann. Es war eine Machtdemonstration, die es unter früheren Intendanzen nicht gegeben hätte. Und es war ein Sinnbild für die Koalition auf Bundesebene: Die türkise Dominanz störte lediglich der grüne Kulturminister Werner Kogler.
Der Event fand, des Namens wegen, auf dem Europaplatz statt. Tritt der Reisende aus dem Bahnhof, sieht er gleich zwei filigrane Konstrukte aus Holz, quasi Laubsägearbeiten im Riesenformat, mit bunten Lämpchen sonder Zahl. Man verwendet diese „Kulissen“ häufig bei großen Stadtfesten in Süditalien. Marinella Senatore hat sie nach Graz transportieren und mit politischen Slogans („Revolution!“) versehen lassen.
Der Bereich drumherum war eingezäunt. Damit sich die registrierten Besucher erst nach dem Eröffnungsakt den Weg nach draußen bahnen können. Das Motto lautet schließlich „The Way Out“. Die nicht eingesperrten Zaungäste staunten über die Affen in der Manege.
Ekaterina Degot, die Intendantin, hielt eine luzide Rede über die Sehnsucht nach Freiheit – in Afghanistan wie hierzulande. Die Pandemie hätte uns alle klein gemacht, beschränkt auf unsere vier Wände. Kunst aber öffne.
Vizeintendantin Henriette Gallus bedankte sich artig bei den Politikern für deren „großzügige Unterstützung“; bei den Steuerzahlern bedankte sie sich nicht. Das Rednerpult war – wohl unabsichtlich – vor einem Wahlplakat aufgebaut. Und so redete auch Nagl vor dem Konterfei des Neos-Kandidaten mit der Botschaft „Nigel-nagel-neu“.
Richtig kämpferisch gab sich bloß Kogler. Er verteidigte die Regeln des Zusammenlebens: „Wir müssen dringend dem gesellschaftlichen Flächenfraß Einhalt gebieten.“
Monströse Mützen
Danach wanderte man über die sehr triste Annenstraße mit den vielen leer stehenden Geschäften – Nagl gibt alles – zum schlecht beleumundeten Volksgarten. Dort ließ die estnische Künstlerin Flo Kasearu sechs prächtige Friesen patrouillieren. Die Reiterinnen in absurden Uniformen mit monströsen Tellermützen machten zwischendurch ein Nickerchen, fielen fast vom Pferd und gefielen sich in irrwitzigen Posen der Macht.
Diese Kritik an der grassierenden Überwachung des öffentlichen Raums war schon recht pointiert. Doch die Rechnung ging nicht auf. Denn der herbst setzte rund 15 Security-Menschen ein, um die Pferde zu schützen. Und die Bodyguards waren definitiv nicht intendierter Teil von „Disorder Patrol“.
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