... und ein Politiker holt sein Sacher-Würstel aus der Hose

Vier prachtvolle Blumengestecke erzählen im Rabenhof über den Opernball, Andreas Binder begeistert als New-Wave-Entertainer
Im Auftrag des Rabenhofs besuchte Stefanie Sargnagel, mit zwei Uraufführungen in den letzten Jahren schon so etwas wie eine Hausautorin, den Wiener Opernball.
Glaubt man dem äußerst pointierten Erlebnisbericht, den Christina Tscharyiski am Dienstag als szenische Revue aus der Taufe hob, hatte das Gemeindebaukind mentale Unterstützung bei der Recherche unter Reichen: Sie wurde von einem Museumswärter begleitet, der zwischendurch mit allerlei Funfacts über Johann Strauss aufwartet.
Sargnagels "Opernball" im Rabenhof
Roland Geyer, Chef des Strauss-Jahres, hat schließlich dazugezahlt. Mit dem Walzerkönig selbst oder dessen Musik hat die eineinhalbstündige Produktion „Opernball. Walzer, Wein und Wohlstandsbauch“ jedoch rein gar nichts zu tun: Die ultracoole Post-New-Wave-Band Salò lässt es ordentlich krachen, Frontman Andreas Binder begeistert als Entertainer im Stil eines Robbie Williams.
Doch das Quartett tritt erst später in Erscheinung: Man arbeitet sich allmählich in die Tiefe der Bühne, in die Eingeweide der Bussi-Bussi-Gesellschaft vor. Zu Beginn pflanzen sich an der Rampe vier prachtvolle Blumengestecke auf (die grandiosen Kostüme sind von Miriam Draxl), der Red Carpet ist noch nicht erreicht: Sargnagel erzählt von der Stimmung draußen, von den müde gewordenen Eat-the-rich-Demonstranten und den noch gelangweilteren Polizisten. Aber dann geht der rote Vorhang auf, die seitlich postierte Band spielt ihren ersten Song (wie alle anderen fünf vom Text inspiriert).

Sargnagel bleibt dem Ablauf des Opernballs treu, sie besucht alle Orte, die man von der Fernsehübertragung kennt, und sie scheitert beim Entern der Mitarbeiterkantine. Vergangenheit und Zukunft fallen in eins, Richard Lugner und der Volkskanzler tauchen auf, Erwin Wurm wird zur Schnecke gemacht, der eine Politiker holt sein Sacher-Würstel aus der Hose, ein anderer speibt eine Frau an. Sargnagel eben – taktlos, bizarr, erfrischend böse.
Laura Hermann, Martina Spitzer, Skye MacDonald und Jakob Gühring hasten hoch energetisch durch den aufgeteilten Text und ernten viele Lacher. Wahrlich eine Dekonstruktion.
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