So war "Maria Stuarda" bei den Salzburger Festspielen

SALZBURGER FESTSPIELE 2025: FOTOPROBE ?MARIA STUARDA?
Viel Applaus für die Premiere der Oper von Gaetano Donizetti im Großen Festspielhaus.

Die Stars dieser Opernproduktion bei den Salzburger Festspielen musizieren nicht, singen nicht, krächzen manchmal ein bisschen - und spielen fabelhaft. Sie können mit ihren Bewegungen Emotionen ausdrücken, zwischenmenschliche Beziehungen, Hierarchien, den Fluss des Lebens, die Ausweglosigkeit der Situation, obwohl sie sich nur im Kreis drehen. Ruhe geben sie nur am Ende, im Angesicht des Sterbens. Bis dahin machen sie die Schicksale der Protagonisten zu einem schrecklichem Kreislauf und einer Todesspirale.

SALZBURGER FESTSPIELE 2025: FOTOPROBE ?MARIA STUARDA?

Diese Stars: drei riesengroße Scheiben, zwei am Boden, eine in der Luft, die in alle Richtungen beweglich sind und geradezu atmen, mit den Menschen, die auf ihnen unerbittlich durch die Welt gehen müssen.

Konstruiert wurden sie von Ulrich Rasche, dem Bühnenbildner und Regisseur dieser Premiere von Donizettis "Maria Stuarda", der sein Maschinentheater nun auch in das Große Salzburger Festspielhaus gehievt hat. Die Welt ist also eine Scheibe, zumindest in der Oper, die ja oft ziemlich hinterherhinkt. Und irgendwie erinnern diese Scheiben auch an CDs, die vom Aussterben bedroht sind.

Nichts sieht man auf der Bühne außer diesen drei runden Ungetümen. Und auch Farbe spielt keine Rolle. Dieser Donizetti, der immer wieder für leicht und pastell gehalten wird, ist hier monochrom, ein bissl schwarz, etwas weiß und am Ende fleischfarben, wenn Maria Stuarda hingerichtet wird.

Eine Scheibe gehört der Welt der Elisabeth, Königin von England. Die zweite ist jene von Maria Stuart, Königin von Schottland, Katholikin und für ihre Anhänger die rechtmäßige Person auf dem englischen Thron. Sie wird von Elisabeth gefangen gehalten, die Oper beginnt wenige Tage vor ihrem Tod. Und historisch ist so gut wie alles falsch, aber das ist es ja in der Oper oft.

Elisabeth und Maria Stuart begegnen einander - nie passiert. Leicester hat eine Affäre mit Maria - völliger Unsinn. Elisabeth kämpft um seine Liebe - immerhin das richtig. Neben Essex (viel später) war er der einzige Liebhaber der englischen Königin.

Rasche kontrastiert die Welten emotional und ästhetisch beeindruckend. Eine Inszenierung gibt es aber so gut wie nicht. Alle Beteiligten, vor allem die zahlreichen Tänzer, müssen die ganze Zeit hindurch nur schreiten und ein paar Körpergebilde kreieren. Elisabeth beherrscht das Schreittheater famos, Maria Stuart scheint sich etwas dagegen zu wehren. Irgendwie ganz praktisch, wenn man sich durch das Bühnenbild große Teile der Personenführung spart.

Das Problem an diesem typischen Rasche-Maschinentheater: Es könnte fast über jedes Stück gestülpt werden. Dass es hier ein Belcanto-Werk erfasst hat, ist insofern gut, als dadurch die schon so oft gesehene Oberflächlichkeit weggefegt wird.

SALZBURGER FESTSPIELE 2025: FOTOPROBE ?MARIA STUARDA?

Elisabeth, in Person von Kate Lindsey, spielt besser als Maria Stuarda, dargestellt von Lisette Oropesa, singt aber weniger gut. Ihr Mezzo klingt recht eindimensional, in der Höhe angestrengt, die Darstellung ist aber ausdrucksstark und die Besetzung dadurch verständlich. Oropesa bezaubert in manchen Phasen mit ihrem lyrischen, farbenreichen Sopran, bei den Koloraturen und auch in der Höhe gäbe es aber durchaus Potenzial. Bekhzod Davronov ist der Leicester mit schönem Timbre und wenig Kraft bei den Spitzentönen, Aleksei Kulagin ein guter Talbot, Thomas Lehmann ein solider Cecil, Nino Gotoshia eine nicht sehr auffällige Anna. Die Besetzung erklärt also nicht zwingend, warum man dieses Werk angesetzt hat. Die Wanderlust der Protagonisten auf den Scheiben ist aber bewundernswert.

Dirigent Antonello Manacorda versucht am Pult der Wiener Philharmoniker dieser Oper Tiefe zu geben und alles spielerisch Leichte zu nehmen. Wenn man so viel wegwischt und auf die Essenz reduziert, passt das zwar perfekt zur Bühne, es bleibt aber in manchen Momenten nicht mehr so viel übrig. Die Musikerinnen und Musiker spielen präzise und in dieser Lesart sehr reduziert, auch an Farben. Die Tempi sind genauso mit Bedeutung aufgeladen wie die Bewegungen der Scheiben.

Ob der Chor gut war, lässt sich kaum beurteilen: Er ist von der Bühne verbannt, und Manacorda hat es (vielleicht dadurch) schwer, ihn zu koordinieren.

Insgesamt dennoch ein Erfolg und ein Schauerlebnis, das angesichts der Optik fast wie eine Hommage an Robert Wilson wirkt.

 

 

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