Manchmal jedoch, vor allem im dritten Aufzug, steht Thielemann derart auf der Bremse, dass der orchestrale Selbstzweck die Einheit mit der Bühne gefährdet.
Die Sängerleistungen sind allesamt famos. Andreas Schager ist der Siegfried dieser Tage, kraftvoll attackiert er bis zum Ende - manchmal wäre auch die Hälfte ausreichend. So singt diese schwierige Partie zur Zeit definitiv kein anderer.
Stephan Rügamer ist ein zynischer, bösartiger Mime mit vielen Ticks, der ebenso gut singt wie spielt. Johannes Martin Kränzle besticht wieder als Alberich. Und Michael Volle krönt seine Glanzvorstellung in diesem "Ring" als beeindruckender Wanderer - schon als Wotan war er eine Idealbesetzung.
Peter Rose als Fafner ist besser als im "Rheingold", Anna Kissjudit ebenso gut. Victoria Randem verfügt als Waldvogel über eine schöne Höhe.
Bewunderswert, herrlich lyrisch in vielen Momenten, stets berührend und ausdrucksstark, präzise in den Ausbrüchen und stimmlichen Höhenflügen singt Anja Kampe die Brünnhilde. So gut hat man diese Partie schon lange nicht gehört. Allerdings macht ihr Thielemann mit seinen langsamen Tempi das Leben ganz schön schwer, zum Glück ist sie technisch so fabelhaft und sängerisch klug.
Die Inszenierung von Dmitri Tcherniakov - irgendwas mit Unterdrückung, Menschen- und Tierversuchen, wenn Sie verstehen - setzt immer mehr auf Witz, nicht in jeder Situation passend. Siegfried zertrümmert beim Schmieden von Nothung die ganze Wohnung und zündet sein Spielzeug an. Wotan sieht als Wanderer aus wie der Obmann vom Gehstecken-Verein Walhall mit Socken in Sandalen. Brünnhilde erwacht in einem Schlaflabor, in das sie Wotan erst unmittelbar vor der Erweckung gebracht hat. Und Siegfried trägt die ganze Zeit einen adidas-Trainingsanzug und bewegt sich auch wie ein Fußballer, zum Beispiel Arnautovic. Vieles funktioniert gut, manches ist nur kindisch, die Personenführung extrem fein gearbeitet.
Sonntag geht es mit der "Götterdämmerung" weiter. Da kann das Publikum erstmals auf die Inszenierung reagieren.
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