„Der Fall Moriarty“: Gut geschüttelte Parodie auf klassische Krimis
Showdown: Claudius von Stolzmann und Markus Kofler.
Der US-Dramatiker Ken Ludwig ist dem angestammten Publikum der Kammerspiele höchst vertraut. Denn Otto Schenk begeisterte ab 1990 jahrzehntelang mit der Farce „Othello darf nicht platzen“. Ob des Erfolgs von „Lend Me a Tenor“ (Originaltitel) ritt Ludwig den Gaul zu Tode – mit „A Comedy of Tenors“ und „Lend Me a Soprano“.
Zudem wandte er sich dem klassischen Krimi zu: Er dramatisierte Agatha Christies „Mord im Orientexpress“ – und den Sherlock-Holmes-Roman „Der Hund von Baskerville“. Wieder blieben Fortsetzungen unausweichlich. Und so verknüpfte Ken Ludwig gleich drei Holmes-Novellen von Arthur Conan Doyle zu einem, wie er meint, „Melodram“. Viel Action also und große Gefühle. Denn der Meisterdetektiv verliebt sich in Irene Adler, die zuvor die Mätresse des böhmischen Königs Otto von Ormstein gewesen war. Zudem liefert er sich mit seinem Bruder Mycroft einen intellektuellen Schlagabtausch – und an den Reichenbachfällen kommt es zum Showdown mit Professor Moriarty, seinem größten Widersacher.
Recht abstruser Plot
Unter dem Titel „Sherlock Holmes: Der Fall Moriarty“ hatte der gut geschüttelte Cocktail am Donnerstag in den Kammerspielen Premiere. Melodram, Tiefgang oder gar Erkenntnis braucht man nicht zu erwarten: In enorm hochtourigen 90 Minuten wird die recht abstruse Geschichte rund um ein Mikrofoto in einer Zeit, in der man die Lichtbilder noch auf Glasplatten bannte, abgearbeitet.
Nicole von Graevenitz stattete den Kostümschinken tatsächlich prächtig aus, Karl Fehringer und Judith Leikauf halten mit durchaus ansprechenden Bühnenbildern, von guten Geistern (Elena Weber und Felix Millauer) eilig herumgeschoben, das Werkl am Laufen.
Und Regisseur Dominic Oley tut wirklich alles, dass die Schlagzahl nicht nachlässt: Claudius von Stolzmann hastet als Sherlock Holmes mit wehenden Haaren und Braveheart-Attitüde durch die andauernd wechselnden Schauplätze, sein Doktor Watson (Martin Niedermair) hinkt hinterdrein: Wenn 39 Stufen zu bewältigen sind (es gibt allerlei Film-Zitate, nicht nur auf Alfred Hitchcock, aufzuspüren), nimmt er lieber den barrierefreien Zugang.
Kimberly Rydell und Michaela Klamminger schlüpfen blitzschnell in diverse Rollen, den Vogel schießt Markus Kofler nicht nur als Kater Nofretete ab, sondern auch als böhmakelnder Otto im Raubkatzen-Look, nasalierender Bruder, teuflischer Moriarty, brutaler Gepäckträger und und und. Handwerklich exzellent: „Nobody Does It Better“, wie schon Carly Simon gesungen hat. Aber mehr als Klamauk mit 007-Anspielungen ist es nicht.
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