Der Komponist erweckt die Natur mit magischen Darstellungen des Waldes, des Frostes und des Frühlings. Die Partitur ist reich an Blumenliedern, Hirtenmelodien und sogar wagnerschen Leitmotiven, die mit den tragenden Figuren verbunden sind.
Und seine Musik entfaltet beim Orchester der Tiroler Festspiele Erl unter Dmitry Liss nach etwas zurückhaltendem Anfang einen ganz eigenen Sog. Sie wird reich schattiert und koloriert wie auch kraftvoll fließend musiziert.
Zerbrechlich zart
Betörende Arien hat der Komponist seiner Titelfigur geschenkt. Clara Kim verkörpert Schneeflöckchen als zerbrechlich zarte Kindfrau und singt ihre Partien mit schönem Sopran. Sie wiederum ist fasziniert vom Schöngesang des Hirten Lel. Dieser wird vom Countertenor Iurii Iushkevich wunderbar gestaltet, er ist aber an der kindlichen Zuneigung des Schneemädchens nicht interessiert.
Ganz anders reagiert der wohlhabende Kaufmann Misgir, edel timbriert gesungen von Danylo Matvilenko, der beim ersten Anblick Snegurotschkas seine reiche Verlobte Koupava einfach sitzen lässt. In dieser zweiten weiblichen Hauptrolle glänzt Nombulelo Yende.
Mit hellem, etwas hartem Tenor singt Aaron Cawley den Zaren Barendej. Mutter Frühling ist mit Victoria Pitts ideal besetzt. Aidan Smith verkörpert Vater Frost und den Bojar Bermjata mit wohltönendem Bass. Ausgewogen hört man auch den Chor.
Zum Dahinschmelzen
Die Handlung selbst ist ein grausames Märchen, in Osteuropa so bekannt wie bei uns jene der Gebrüder Grimm und beruht auf einer Erzählung von Alexander Ostrowski: Schneeflöckchen fühlt sich zu den Menschen hingezogen, darf sich aber nicht verlieben, denn sonst will es der rachsüchtige Sonnengott schmelzen lassen. Und so nimmt das Verhängnis seinen Lauf.
Wenig märchenhaft sieht Florentine Klepper diese Opernrarität. In einem nüchternen, schneebedeckten Bühnenraum mit mehreren heb- und senkbaren Zylindern verschiedener Größen mit durchscheinenden Lamellen (Bühne: Wolfgang Menardi) wird detailliert und auch symbolhaft viel Gefühlskälte und Orientierungslosigkeit demonstriert. Der Zar als Führer einer straffen Ideologie hat letztlich leichtes Spiel. Schneeflöckchen wird geopfert. Jubel! (Weitere Vorstellungen am 3. und 6. Jänner.)
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