Schloss Weitra: Wenn die resche Wirtin dem Kaiser eine schmiert

Schloss Weitra: Wenn die resche Wirtin dem Kaiser eine schmiert
„Im weißen Rössl“: Joesi Prokopetz, eine Erscheinung zum Wiehern, stürzt den verherrlichten Kriegsführer ein wenig vom Sockel

Johannes Prinz zu Fürstenberg war außer sich vor Freude: Erstmals fiel ihm die Ehre zu, „Seine Kaiserlich und Königlich Apostolische Majestät Kaiser Franz Joseph l. auf Schloss Weitra“ begrüßen zu dürfen. Denn bekanntlich stieg der greise Monarch einst im „Weißen Rössl“ ab, um am Schützenfest von St. Wolfgang teilzunehmen. Zumindest im Singspiel von Ralph Benatzky, das auf einer 1896 in Bad Ischl geschriebenen Komödie beruht und, um höchst eingängige Melodien ergänzt, 1930 in Berlin zur Uraufführung gelangte.

Die Nationalsozialisten konnten „Im weißen Rössl“ als „entartet“ verbieten, den Welterfolg aber nicht verhindern. Und nun ließ Peter Hofbauer, der „Haus- und Hofintendant“ des Prinzen, in die Arkaden des Innenhofs ein „Hotel Weißes Rössl“ integrieren – samt einer ins Monströse aufgeblasenen Postkarte „Gruß aus St. Wolfgang“.

 

Ein wenig Waldviertler Lokalkolorit gibt es, wenn man ganz genau schaut, aber doch: Das kleine Schaufenster mit der Speisekarte ziert das Logo von Weitra Bräu. Und der schöne Sigismund (Andy Lee Lang) erwähnt den Wackelstein-Express, also die Schmalspurbahn.

Die Zeiten fallen kunterbunt in eins: Die beschwingte Inszenierung von Peter Kratochvil (Regie) und Iona Glöckel (Ausstattung) bleibt am Original, nimmt auch Anleihen bei den 1930er- und ganz besonders bei den 1960er-Jahren bzw. bei der Verfilmung mit Peter Alexander. Man rechnet also in Kronen, zu Beginn karrt ein hupender Autobus die Touristen heran, über der farbenfrohen Bühne flattert eine Fahne mit Bundesadler – und Tanja Petrasek, die als resche Wirtin dem Kaiser eine schmiert (eine Backware namens Kaisersemmerl), argumentiert mit den Strompreisen: Wenn man im „Rössl“ übernachtet, mache man sogar einen Gewinn.

Eine gar neckische Kuh

Der Auftritt des Monarchen hätte wohl Gelegenheiten für Stand-up geboten. Joesi Prokopetz, eine Erscheinung zum Wiehern, macht davon nicht Gebrauch, aber er stürzt den verherrlichten Kriegsführer zumindest ein wenig vom Sockel und gibt ihn als Alkoholiker und mit Schlafmütze der Lächerlichkeit preis.

Die Band rund um Florian Schäfer sorgt für schmissigen Sound zum Mitsingen, Roman Martin (als Oberkellner), Benjamin Rufin (als Otto) und Lena Poppe (als Ottilie) bieten routiniertes Herz-Schmerz-Intrigen-Verwechslungsspiel. Ronald Kuste als knorriger Berliner begeistert wieder einmal. Punkten kann der umjubelte Abend mit Details, etwa einem durch die Arkaden wogenden Dampfschiff-Schornstein. Oder wenn Elisabeth Blutsch als neckische Kuh einen Blumenstrauß frisst. 

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