Caroline Peters: "Das sind im Prinzip alles Versionen von mir"

„What a Feeling“: Caroline Peters verliebt sich als Marie Theres in Fa (Proschat Madani).
Caroline Peters schafft gute Laune – als Ensemblemitglied des Burgtheaters, Komödiantin und Deutsche, die längst in Wien heimisch ist.
KURIER: Für Ihre Darstellung im Film „What a Feeling“ von Katharina Rohrer wurden Sie für die ROMY nominiert: Sie spielen eine Ärztin, die ihren Mann verlässt und eine lesbische Beziehung beginnt. Ein anderes Leben, oder?
Caroline Peters: Ein völlig anderes Leben! Mich in eine gleichaltrige Frau zu verlieben, kann ich mir für mein Leben zwar nicht vorstellen, aber der Film ist, glaube ich, überzeugend gelungen: Eine Deutsche ist wegen der Liebe nach Österreich gekommen und hat sich angepasst, sie lässt sich mit Marie Theres anreden, was in Deutschland völlig undenkbar wäre. Sie versucht, alles richtig zu machen. Und kommt an einen Punkt, wo sie denkt, das reicht nicht. Vielleicht gibt es noch ganz andere Gefühle und Möglichkeiten? Und da passiert ihr diese Geschichte.
Der Film macht Mut, sich nicht zu fügen.
Genau. Ich merke das auch auf Lesereise mit meinem Buch. In der Schlange zum Signieren stehen immer wieder Frauen, die mich mit verklärten Augen anschauen und sagen: „Ich habe Ihren Film gesehen, er hat mir viel bedeutet.“ Vielleicht hilft man anderen eben auch mit einer Mainstream-Komödie auf die Sprünge. Vielleicht denken diese Frauen schon die ganze Zeit darüber nach, der bürgerliche Kontext lässt es jedoch nicht zu. Aber wenn das dieser Frau, einer Oberärztin im Krankenhaus, passieren kann, dann ...
Sie haben in den letzten Jahren in etlichen Großstadt-Komödien geglänzt, und auch Ihr Roman, eben „Ein anderes Leben“, spielt in einer bürgerlichen Welt.
Da komme ich einfach her. Das ist die Welt, in der ich mich am besten auskenne. Mein Vater war Psychiater, meine Mutter Literaturwissenschaftlerin. Das ist ein bestimmtes Milieu, in dem ich aufgewachsen bin und das steckt in mir drin.
Sie setzen in diesem Roman den Müttern ein Denkmal?
Es ging mir um diese Frauen, die nach dem Krieg in einer vollkommen zerstörten Welt gelebt, ein neues Leben daraus aufgebaut haben. Der Mann meiner Großmutter fiel, da war sie 38, und sie hat nie wieder geheiratet. Sie hat ihre Kinder aufgezogen – und alle haben studiert. Ich kann mir vorstellen, dass es ihr nicht gefallen hätte, ihre Autonomie einer neuen Ehe unterzuordnen. Diesen Vibe wollte ich darstellen.
Sie waren ab 2021 an der Schaubühne in Berlin, sind seit letzten Herbst zurück an der Burg, Sie drehen Filme und Fernsehproduktionen. Wann haben Sie denn Zeit, einen Roman zu schreiben?
Ich hatte schon oft drüber nachgedacht und mit dem Verlag geredet. Und dann brach die Pandemie aus. Auf einmal war ein Zeitraum da, in dem ich das Buch konzipieren konnte. Und als es wieder mit dem Spielen losging, hab' ich mir richtig Zeitblöcke in den Terminkalender gebaut – von 10 bis 14 und von 19 bis 23 Uhr, wie bei einem Probenplan. Aber in unserer Wohnung war es wegen Bauarbeiten in der Straße viel zu laut. Da war nichts zu wollen mit Konzentration. Und da Hanna, die Hauptfigur, in einer Bibliothek arbeitet, habe ich mir einen Platz in der Nationalbibliothek gesucht. Ich bin jeden Morgen hin. Das war eine tolle Atmosphäre, völlige Stille und überall Leute, die wahnsinnig intensiv an ihren Computern arbeiten. Das hat mich sehr beflügelt.
Das heißt, auch wenn Sie viel Familie in Berlin haben und Theater spielten, blieb Wien Ihr Lebensmittelpunkt?
Ja, wir haben ja hier, in der Margaretenstraße, den Postkartenladen, und mein Mann würde sich nie aus Wien wegbewegen wollen. Und ich hab’ in Berlin ja nur drei Produktionen gemacht. Die Schaubühne ist kein Repertoiretheater wie die Burg. Ich war immer nur zu den Vorstellungsblöcken dort.
Warum haben Sie dann überhaupt aufgehört im Burgtheater? Sie waren ja einer der Publikumslieblinge …
Ich bin nicht ganz so freiwillig gegangen.
Auch ein Opfer von Martin Kušej, der 2019 die Direktion übernommen hatte?
So will ich das nicht formulieren. Ich hatte Hauptrollen in sechs Stücken gleichzeitig. Dann, 2020, kam die Pandemie. Und von einem Tag zum anderen war alles weg. Das war ein Tiefschlag, an dem niemand schuld ist, aber das hat mich sehr bedrückt. Es war halt so. An der Schaubühne hat es mir wirklich gut gefallen, aber mein Lebensmittelpunkt ist eben Wien. Und als dann Stefan Bachmann bestellt wurde, dachte ich mir: Da kommt eine neue Farbe ans Burgtheater, die ich in den 20 Jahren davor noch nicht kennengelernt habe – und die mit einer gewissen Leichtigkeit einhergeht. Ich dachte mir: Da beginnt noch mal eine ganz andere Zeit.

Verbaler Ehekrieg um Dominanz und Unterwerfung: Caroline Peters und Michael Wächter
Die erste Premiere war die Ehekomödie „Egal“. Hinreißend, wie Sie Ihrem Partner dieses „Egal“ hinschleudern. Hat es auch in Ihren Wortschatz Eingang gefunden?
Gott sei Dank nicht. Wenn man sich so ein pampiges „Egal“ ins Gesicht brüllt, sollte man vielleicht doch über eine Trennung nachdenken.
Das Stück ist raffiniert gebaut, weil andauernd die Positionen wechseln.
Es nützt nix, ob man Mann oder Frau ist. Keine Position ist besser.
Obwohl es in diesem verbalen Ehekrieg um Dominanz und Unterwerfung geht, kann man herzhaft lachen. Der Abend ist viel zu kurz!
Vielleicht weil wir so schnell spielen. Bei Probenbeginn schlug ich vor, dass wir uns an Stan und Ollie orientieren. Das ist für mich ein wirklich gleichwertiges Komikerpaar – mit einem sensationellen Timing. Und ich konnte Thomas Jonigk, den Regisseur, der natürlich auch seine eigenen Ideen hatte, dafür begeistern. Und dann ist es sehr rasant geworden. Schneller ist einfach lustiger.
Sie sind die geborene Komödiantin?
Das weiß ich gar nicht. Ich habe auch ernste Rollen sehr geliebt – Medea, Yerma, Jelena. Aber im Film bekomme ich ernste Rollen tatsächlich nicht so oft angeboten. Ich habe schon ein Talent fürs Komische und beschäftige mich auch sehr ernsthaft mit Komik. Ich studiere richtiggehend die Komik bei anderen, etwa bei George Cukor. Das führt dann dazu, wie es Woody Allen ausgedrückt hat: „Inzwischen gehen die Leute davon aus, dass es was zu lachen gibt, wenn ich auftrete. Und dadurch ist es auch manchmal leichter, die Leute zum Lachen zu bringen.“

„Womit haben wir das verdient?“: Caroline Peters und Simon Schwarz (auch für eine ROMY nominiert) als geforderte Eltern.
Siehe „Der Vorname“ und „Der Nachname“. Sie unterhielten als überforderte Mutter in „Womit haben wir das verdient?“ und in der Fortsetzung „Wie kommen wir da wieder raus?“. Sie scheinen sich in Patchwork-Konstellationen wohlzufühlen.
Ich habe drei Halbbrüder und eine Schwester. Wir vier sind aus drei Ehen hervorgegangen, und als ich auf die Welt kam, war das alles schon da. Also ich hab’ nie etwas anderes als Patchwork erlebt.
Macht Patchwork das Familienleben einfacher oder komplizierter?
Familien sind einfach kompliziert. Denn es gibt viele Bedürfnisse. Und es gibt diese festgeschriebenen Rollen, aber viele passen nicht in die Rolle, in die sie hineingepresst werden. Der Unterschied ist nur, dass man das Patchwork theoretisch verlassen kann, weil es ja nicht „meine“ Familie ist. Aber in der Realität stimmt das dann natürlich doch nicht.
In Ihrem Roman hat die Ich-Erzählerin zwei Schwestern.
Ich habe meine echten Geschwister rausgehalten. Daher sind zwei der Schwestern Schauspielerinnen und eine ist Juristin. Das sind im Prinzip alles Versionen von mir: Wie mein Leben auch hätte sein können.
Und dann spielten Sie in der Serie „Parallel Me“ mit, in der es auch um diverse Lebensentwürfe geht …
Die kam erst nach dem Buch. Aber dieses „Hätte, hätte, Fahrradkette“, wie man in Deutschland sagt, ist definitiv ein Thema: Was wäre gewesen, wenn ich das und das gemacht hätte?
Das heißt: Sie werden wieder einen Roman schreiben?
Auf jeden Fall. Ich hatte sehr viel über meinen Großvater recherchiert, ein Wehrmachtsoffizier, der ungeheuer Karriere gemacht hat. Weil er eine so furchtbar dunkle Gestalt ist, hätte er die Geschichte, die ich erzählen wollte, derart überschattet, dass die Frauen untergegangen wären. Ich habe ihn daher rausgenommen. Und so wird es nun um die Vaterbilder und die Abwesenheit der Väter gehen.
Wann erwartet Rowohlt Ihr Manuskript?
Das will ich nicht sagen, weil ich furchtbare Angst habe, dass ich es nicht rechtzeitig hinkriege. Denn ich bin grad so im Theaterspielen. Ich mache es wie beim ersten Buch: Erst mal lange sammeln – und dann einen Zeitraum finden, wo ich in Ruhe schreiben kann.
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