Hans Moser starb vor 60 Jahren: "Auf gebaut kommt’s net an"

Unvergessen an der Seite von Paul Hörbiger: Hans Moser in dem Kultfilm „Hallo Dienstmann“
Es dauerte Jahrzehnte, bis man sein Genie erkannte, doch dann wurde er der beliebteste Volksschauspieler des Landes.

Die großen Dichter, die Maler und Komponisten. Sie sind unsterblich, ihre Werke überstehen Jahrhunderte. Die Schauspieler hingegen geraten im Allgemeinen schnell in Vergessenheit. Die Ausnahme heißt Hans Moser, der durch sein einzigartiges Spiel unvergessen bleibt. Und so werden seine Filme auch heute noch, 60 Jahre nach seinem Tod, gezeigt.

Ob als Dienstmann, als Fiaker, Kammerdiener, Oberkellner oder als „alter Herr Kanzleirat“, Hans Moser ist immer auch er selbst: Raunzend, nuschelnd, unnachahmlich in einer Mischung aus ein bisserl lieb und ein bisserl böse. Seine Zeitgenossen beschrieben ihn als „herzensguten, aber schwachen Menschen, der seiner Frau hörig war und es nie gewagt hätte, ihr nur im Geringsten zu widersprechen“.

Erste Arbeit als Buchhalter

Geboren in Wien als Sohn eines Bildhauers und einer Milchfrau, wächst er in bescheidenen Verhältnissen auf. Dem Umstand, dass seine Vorfahren väterlicherseits aus Frankreich stammten, verdankte er seinen eigentlichen Namen Johann Julier. Er absolviert eine Handelsschule, arbeitet als Buchhalter und nimmt Sprechunterricht beim Burgschauspieler Josef Moser, dem zu Ehren er sich später Moser nennt.

Doch kein Theaterdirektor zeigt Interesse an dem 1,58 Meter kleinen Schauspieler. Bleibt nur die „Schmiere“, die unterste Stufe des Theaterbetriebs, wo Moser viele Jahre in schmutzigen Gasthaussälen auftritt, ohne die geringste Chance, entdeckt zu werden. Kein Wunder, man gibt ihm die Rollen der jugendlichen Liebhaber, für deren Darstellung er wirklich nicht geschaffen ist. Nebenbei hat er auch Chor- und Statisterieverpflichtung, muss Kulissen schieben und Theaterzettel austragen, weil er für seine Auftritte oft nur ein Abendessen bekommt.

Keiner glaubt an ihn, nur er selbst weiß von seinem Talent, wie er viel später, bereits als berühmter Mann, in einem Interview erklärte. „Eines möchte ich schon sagen: Das, was ich heute kann, habe ich vor 20 Jahren schon gekonnt. Um kein Haar war ich damals anders als heute.“

Im Jahr 1910 lernt er Blanca Hirschler, die Schwester eines Schauspielkollegen, kennen und lieben. Sie schenkt ihm eine Tochter, nimmt seine missglückte Karriere in die Hand, klappert mit ihm Kabaretts, Varietés und Nachtlokale ab, studiert mit ihm Rollen ein, kümmert sich um Engagements. Vor allem aber macht sie ihm Mut und hilft, seine Depressionen zu überwinden.

Der Erste Weltkrieg unterbricht den erhofften Aufstieg, danach fällt Moser in einem Kabarett auf der Wiener Taborstraße mit einer Szene auf, die er selbst geschrieben hat. Er spielt einen Dienstmann und dessen unbeschreiblich komischen Kampf mit einem überdimensionierten Koffer, der ihn zu guter letzt zur Erkenntnis bringt: „Auf gebaut kommt’s net an.“

Ganz Wien lacht

Der große Theatermann Max Reinhardt holt ihn „als Dritter-Akt-Komiker“ in der Operette ans Theater an der Wien. Von einem Tag zum anderen lacht ganz Wien über den neuen Publikumsliebling, der gerade noch auf der „Schmiere“ aufgetreten ist. Mittlerweile bereits über 40 Jahre alt, bekommt er jetzt endlich die Rollen, für die er geschaffen ist.

150 Filme gedreht

Bald entdeckt ihn auch der Film, er dreht 150 Komödien, manche von ihnen so trivialen Inhalts, dass sie ohne sein Mitwirken unspielbar wären. Doch sein Auftreten adelt die banalste Handlung. Moser ist schon 53 Jahre alt, als er 1933 in dem Willi-Forst-Film „Leise flehen meine Lieder“ einen kleinen Pfandleiher so überwältigend menschlich darstellt, dass er erstmals als „Volksschauspieler“ bezeichnet wird.

Durch die vielen Filme wohlhabend geworden, bewohnt die Familie Moser eine elegante Villa im Wiener Nobelbezirk Hietzing. Doch plötzlich endet das gemeinsame Glück: Als Blanca 1938 von den Nationalsozialisten verfolgt wird, richtet Hans Moser einen Brief an den „Führer“, in dem er ihn „inständigst bittet, meiner Gattin die für Juden geltenden Sonderbestimmungen gnadenweise zu erlassen“. Doch er erhält, obwohl Hitler ihn als einen seinen Lieblingsschauspieler bezeichnet, keine Antwort.

Blanca flüchtet nach Budapest, Tochter Grete nach Buenos Aires. Moser zählt zu den meistbeschäftigten und bestbezahlten Schauspielern im „Dritten Reich“, ist aber von seiner Familie getrennt, verzweifelt, allein. Berühmt, aber unglücklich.

Lebende Legende

In seinem letzten Jahrzehnt feiert er, bereits als lebende Legende, am Theater und im Kino zahlreiche Erfolge, und sein alter Dienstmann-Sketch wird 1952 zur Ausgangssituation für den Filmklassiker „Hallo Dienstmann“ mit Paul Hörbiger an seiner Seite.

Diese letzten Jahre hätten die schönsten seines Lebens sein können, wäre Tochter Grete nicht in Südamerika geblieben. Sie hat sich mit ihrer Mutter zerstritten und wird von ihr nach Hans Mosers Tod enterbt, muss in Argentinien in ärmlichen Verhältnissen leben.

Zuletzt am Burgtheater

Der Volksschauspieler stirbt 83-jährig an Krebs, fast bis zum Schluss vor der Kamera und auf der Bühne stehend, zuletzt sogar am Burgtheater, gerade auch im hohen Alter berührend, unnachahmlich und unerreicht.

Wenn Schiller meinte: „Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze“, so darf man in diesem einen Fall widersprechen: Dem Moser flicht die Nachwelt Kränze.

georg.markus

TV-Tipp

ORF III widmet Hans Moser heute, Sonntag, aus Anlass seines 60. Todestages einen Programmschwerpunkt. 9.25 Uhr: TV-Porträt „Der ewige Dienstmann“. 10.20 Uhr: „Der Herr Kanzleirat“. 12.00 Uhr: Roter Mohn. 13.45 Uhr: „Hofrat Geiger“. 15.25 Uhr: „Herrn Josefs letzte Liebe“. 16.55 Uhr: „Ober zahlen!“ 18.30 Uhr: „Hallo, Dienstmann“.

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