Hans Moser: Wie er zum großen Nuschler wurde

Typisch Moser: Der große Komödiant in seinen Filmen „Der Herr im Haus“, „Reisebekanntschaft“, „Es schlägt 13“, „Wiener Blut“ (mit Theo Lingen), „Wir bitten zum Tanz“, „Anton der Letzte“ und „Hallo Dienstmann“ (mit Paul Hörbiger) in einer Collage von Christine Karner
Es dauerte Jahrzehnte, bis das Genie Hans Mosers erkannt wurde. Bis dahin lebte er in unvorstellbarer Armut. Und später dann war sein Privatleben von Streit und Katastrophen bestimmt.

Es war eines der großen Wiener Begräbnisse. Mehr als 5000 Menschen folgten Hans Mosers Sarg auf dem Zentralfriedhof, um sich vom populärsten Schauspieler des Landes zu verabschieden. Ein halbes Jahrhundert ist seither vergangen, doch er bleibt durch seine 150 Filme lebendig, die heute noch im Fernsehen, auf DVD und in Nostalgie-Kinos gezeigt werden.

Ein bisserl böse

Ob als Dienstmann, als Fiaker, Kammerdiener, Tanzlehrer, Oberkellner oder als "alter Herr Kanzleirat", Hans Moser ist immer auch er selbst: Raunzend, nuschelnd, unnachahmlich in einer Mischung aus ein bisserl lieb und ein bisserl böse. In Wirklichkeit war er, wie sich seine heute 88-jährige Nichte Lotte erinnert, "ein herzensguter, aber schwacher Mensch. Er war seiner Frau hörig und hätte es nie gewagt, ihr nur im Geringsten zu widersprechen. Er hatte privat absolut nichts zu sagen, seine Frau gab ihm praktisch keine Möglichkeiten, selbst irgendwelche Entscheidungen zu treffen."

Die Jahrzehnte, ehe er als Schauspieler seinen Durchbruch feierte, waren bitter und hart. In ärmlichen Verhältnissen in Wien aufgewachsen, trat er jahrzehntelang auf Gasthausbühnen in der böhmischen Provinz auf.

Kulissenschieber

Nebenbei musste er Kulissen schieben und Theaterzettel austragen, weil er für seine Auftritte oft nur ein Abendessen bekam. Und kein Theaterdirektor weit und breit erkannte sein Genie. Man gab ihm wohl auch die falschen Rollen, Moser mimte jugendliche Liebhaber, für deren Darstellung der 1,58 Meter kleine Schauspieler wirklich nicht geschaffen war. "Eines möchte ich sagen", erklärte er, als er schon berühmt war, "was ich heute kann, habe ich vor 20 Jahren auch schon gekonnt. Um kein Haar war ich damals anders als heute."

Hans Moser musste 42 Jahre alt werden, bis er seine Chance bekam. Da spielte er in einem kleinen Kabarett auf der Wiener Praterstraße einen Hausbesorger, eine jener "Typen", wie nur er sie mit Leben erfüllen konnte. Hans Mosers Darstellung des grantelnden Hausmeisters, der den Hausparteien seine "Macht" zeigt, sprach sich wie ein Lauffeuer in Wien herum, er wurde ans Ronacher, ans Theater an der Wien und von Max Reinhardt an die Josefstadt und nach Berlin geholt. Von einem Tag zum anderen war Moser, der eben noch in der "Schmiere" spielte, ein Theaterstar. Ab den 1930er-Jahren, als er bereits mehr als 50 Jahre alt war, zählte er dann endlich auch zu den Lieblingen des Films.

Ehefrau Blanca

Auf dem Weg vom Schmierenkomödianten zum umjubelten Star war immer eine Frau an seiner Seite. Er lernte sie 1910 in Teplitz-Schönau kennen, wo ihre Brüder mit ihm am Stadttheater beschäftigt waren. Die selbstbewusste, etwas "hantige" Wienerin erwies sich als Glücksfall. Blanca Moser geb. Hirschler nahm seine Karriere in die Hand, studierte mit ihm Rollen ein, kümmerte sich um Engagements, handelte Verträge aus. Und brachte 1913 Tochter Grete zur Welt.

Villa in Hietzing

Durch den Film reich geworden, bewohnt die Familie eine elegante Villa im Wiener Nobelbezirk Hietzing. Doch plötzlich endet das gemeinsame Glück: Blanca wird von den Nationalsozialisten als Jüdin verfolgt. Am 24. Oktober 1938 richtet Hans Moser einen Brief an Hitler, in dem er ihn "inständigst bittet, meiner Gattin die für Juden geltenden Sonderbestimmungen gnadenweise zu erlassen".

Hans Moser: Wie er zum großen Nuschler wurde
Copyright laut Georg Markus Foto privat (frei), Moser Grete,Blanca
Er erhält keine Antwort. Die Nichte beschreibt Moser als "einen Menschen voller Ängste, der um das Leben seiner Frau und um sein eigenes fürchtete. Als er erkannte, dass Blanca in Wien ihres Lebens nicht mehr sicher war, brachte er sie nach Budapest." Auf Jahre war Moser von seiner Familie getrennt. Berühmt, aber unglücklich.

"Allein hat er es zu Hause nicht ausgehalten", erzählt die Nichte, deren Mutter Sera Hans Mosers jüngste Schwester war. "Daher hat er von 1939 bis 1945 meist bei uns im achten Bezirk gewohnt."

Es ist nur eine der Ungeheuerlichkeiten der Nazizeit, dass Blanca Moser von dem Regime verfolgt wurde, das die Filme ihres Mannes produzierte. "Mein Onkel dachte ernsthaft daran, mit seiner Frau nach Argentinien auszuwandern, weil dort ihre Tochter lebte. In Buenos Aires gab es ein deutschsprachiges Theater, an dem er hätte spielen können. Aber dann ist er doch hier geblieben, weil er meinte, dass seine Wienerische Art in Argentinien nicht ankommen würde. Und natürlich auch, weil er beim Film viel mehr verdient hat."

Die beiden letzten Jahrzehnte seines Lebens waren dann seine glücklichsten. Alles schien perfekt, beruflich wie privat. Nur Tochter Grete hatte geheiratet und war – das beeinträchtigte die Idylle – in Südamerika geblieben.

Hans Moser stirbt am 19. Juni 1964 im Wiener Hanusch-Krankenhaus, 83-jährig, kurz nach seinem letzten Auftritt, an Alterskrebs. Blanca ist mittlerweile mit ihrer Tochter total zerstritten. Der Grund: Grete, die in sehr bescheidenen Verhältnissen leben musste, hatte ihre Eltern gebeten, sie in Buenos Aires finanziell zu unterstützen. "Sie wollte einen Teil des Erbes im Voraus erhalten, was Blanca ihr nie verziehen hat", erinnert sich Hans Mosers Nichte. "Blanca lehnte das brüsk ab, mein Onkel war sehr unglücklich darüber, wollte seiner Tochter helfen, konnte sich aber auch in diesem Punkt gegen seine Frau nicht durchsetzen."

Blanca Moser stand beim Begräbnis am offenen Ehrengrab ihres Mannes neben seinen Filmpartnern Paul Hörbiger, Hans Holt und Paula Wessely. Nur Mosers Tochter fehlte: Die Mutter hatte sie in Argentinien nicht vom Tod des geliebten Vaters verständigt.

Nach Blanca Mosers Tod 1974 musste die Tochter einen viele Jahre lang dauernden Gerichtsstreit führen, um wenigstens einen Teil des auf 28 Millionen Schilling (heute rund acht Millionen €) geschätzten Vermögens zu erhalten. Sie starb kurz nach der Auszahlung, 1989. Der Hauptteil des Geldes floss der "Hans- und Blanca-Moser Stiftung" zu, die heute noch der Ausbildung österreichischer Krebs- und Herzspezialisten dient.

Hass auf die Mutter

Wie groß der Hass auf die Mutter war, zeigt ein Brief, den mir Grete Hasdeu 1980 aus Buenos Aires schickte, als ich gerade eine Hans-Moser-Biografie schrieb: "Ihn habe ich sehr geliebt. Schade, dass Männer nicht ohne Frauen Kinder bekommen können."

Hans Moser
Geboren in Wien am 6. August 1880 als Johann Julier. Die Mutter ist Milchfrau, der Vater Bildhauer, dessen Vorfahren aus Frankreich und Ungarn kommen. Johann besucht eine Handelsschule, arbeitet kurze Zeit als Buchhalter, absolviert privaten Schauspielunterricht und tritt dann lange auf Schmieren- und Provinzbühnen auf.

Privates
1911 heiratet Hans Moser Blanca Hirschler, 1913 wird Tochter Grete geboren.
Mosers eigentliche Theaterkarriere beginnt 1922. Ab den 1930er-Jahren zählt er auch zu den populärsten Filmschauspielern, er dreht u. a. „Leise flehen meine Lieder“ (1933), „Maskerade“ (1934), „Burgtheater“ (1936).

Von Familie getrennt
1939 flüchten Ehefrau Blanca nach Budapest und Tochter Grete nach Buenos Aires. Moser dreht indes in Wien und Berlin Filme wie „Anton der Letzte“ (1939), „Wiener Geschichten“ (1940), „Wir bitten zum Tanz“ (1941), „Wiener Blut“ (1942) und „Schrammeln“ (1944).

Nach 1945
Nach dem Krieg entstehen die Filme „Hofrat Geiger“ (1947), „Hallo Dienstmann“ (1952), „Die Deutschmeister“ (1955), „Opernball“ (1956), „Ober, zahlen!“ (1957), „Hallo Taxi“ (1958) u. a.
Hans Moser stirbt am 19. Juni 1964, seine Frau Blanca überlebt ihn um zehn Jahre. Tochter Grete Hasdeu stirbt 1989 in Argentinien.

Kommentare