Es geht in dem Stück um Menschen, deren Geschichten man nachvollziehen kann. Das fehlt vielleicht in vielen Inszenierungen.
Wir bräuchten mehr solche Theaterabende, in denen wir uns vom aktuellen Grundton unseres Zusammenlebens abgrenzen und diesen nicht eins zu eins auf die Bühne stellen. In der echten Welt wird kaum mehr zugehört, die Aufmerksamkeitsspanne ist kurz und Empathie auch selten zu spüren. Die Welt ist viel zu laut geworden, viel zu schnell – auch ich bin da manchmal gerade ein bisschen ... lost. Verloren. Da bin ich doch froh, wenn ich wenigstens im Theater einen konkreten Gedanken in Ruhe zu Ende denken oder spielen kann.
Mit „lost“ meinen Sie: Zu viel Krieg, zu viel Klimawandel, zu viel Pandemie.
Ja. Zu viel Untergang. Wir alle brauchen dringend mehr Hoffnung.
Die Theater sind derzeit halb leer. Liegt das auch daran, was geboten wird?
Wenn man sich darauf einigt, das positiv umzuformulieren, wären die Theater derzeit schon wieder halb voll. Es meint zwar dasselbe, macht aber trotzdem einen großen Unterschied! Wir müssen wieder einen Fokus schaffen – an einem Abend nicht immer alles auf einmal wollen. Und die Schönheit sollte auch nicht zu kurz kommen, und an Humor darf es niemals fehlen.
Wie gehen Sie mit Social Media um?
Ich habe damit Probleme und versuche, mich dem zu entziehen. Wenn ich aus diesem Haus hinausgehe und auf die Straßenbahn warte, dann sehe ich diese vielen Menschen auf dem Christkindlmarkt, die diese Selfies machen, wo sie das Bein so anheben (führt eine typische Instagram-Pose vor). Welchen Mehrwert hat das eigentlich? Und drumherum diese pompöse Weihnachtsbeleuchtung. Warum knipst man die jetzt wieder an?
Haben Sie Verständnis für Klimaaktivisten, die sich an Kunstwerken festkleben?
Ja, total. Ich wünsche mir natürlich, dass das Theater und die Kultur überleben. Aber zuerst will ich, dass die Welt überlebt!
Was würden Sie tun, wenn Klimaaktivisten eine Vorstellung im Burgtheater unterbrechen?
Ich wäre dann plötzlich Zuschauerin, und das wäre auch gut so.
Sie spielen ab heute in „Dämonen“. Wie bringt man so einen riesigen Roman auf die Bühne?
Schritt für Schritt. Die größte Herausforderung ist wahrscheinlich, dass man dabei nicht selbst überfordert wird.
Irritiert Sie das? Oder brauchen Sie das sogar?
Seit ich Kinder habe, bin ich rationaler geworden, und das ist nichts Schlechtes. Ich nehme Herausforderungen gelassener. Bewusst machen müssen wir uns auch, dass an erster Stelle auf der Welt derzeit nicht das Theater steht. Trotzdem bleibt Theater noch wichtig!
Sie arbeiten gerne mit Johan Simons. Was macht die Arbeit mit ihm aus?
Er hat ein großes Vertrauen in die Spieler und Spielerinnen und eine Liebe zu den Figuren. Er kann sehr aufmerksam beobachten. Er ist das Gegenteil von theatral. Dadurch entsteht eine ganz eigene Ästhetik.
Kommentare