Ganz anders sieht das nach wie vor der Regisseur, der zuletzt „brutale Machtausübung“ ortete. „Was Markus Hinterhäuser jetzt macht, das hat es ja noch nie gegeben. Er tut so, als wäre das ein ganz normaler Vorgang“, sagt Michael Sturminger im Gespräch mit dem KURIER. „Jeder hat ein Recht auf seine Meinung und widersprüchliche Meinungen und Kritiken gab es auch in den Jahren davor“, kommentiert er Aussagen Davydovas, dass u. a. schlechte Kritiken ausschlaggebend gewesen seien. „Aber wenn man eine Abmachung trifft und sagt, das machen wir für zwei Jahre, dann liegt ein Wortbruch vor. Wenn die Festspiele sagen, bei jedem Ensemblemitglied ist das eine eigene Frage, dann sage ich: Es gab im Sommer ein eMail, in dem die Schauspieldirektion das gesamte Ensemble eingeladen hat, nächstes Jahr wiederzukommen.“
In diesem Mail vom 19. Juni, das dem KURIER vorliegt, heißt es: „Im Namen der designierten Schauspieldirektorin, Marina Davydova, möchte ich euch offiziell mitteilen, dass wir das gesamte Jedermann-Ensemble für eure jeweiligen Rollen für den Festspielsommer 2024 verpflichten möchten.“
Während Michael Maertens als "Jedermann" mit einem Zweijahresvertrag ausgestattet ist, haben Ensemble-Mitglieder üblicherweise jeweils Verträge für eine Saison.
Sturminger sieht auch in der Argumentation des Direktoriums „einen Stilbruch“. Von einer Seite würden ihm gegenüber finanzielle Gründe angeführt, von anderer Seite wiederum ausschließlich künstlerische Gründe. „Weil natürlich keiner schuld sein will“, sagt er. Schauspielchefin Davydova sieht er dabei weniger in der Ziehung. „Als ich sie im Mai zum ersten Mal getroffen habe, war klar, dass unser Jedermann für zwei Jahre fix ist, und dass der Jedermann zunächst nicht in ihrem Verantwortungsbereich liegt.“
Handlungsbedarf
Was die Planungen mit Hinterhäuser betrifft, sagt Sturminger jedoch: „Es gab eine felsenfeste Abmachung. Nachdem wir wussten, dass Lars Eidinger kein drittes Jahr spielt – das war Anfang 2022 –, und auch Bettina Hering nur mehr bis zum Jahr 2023 als Schauspielchefin bleibt, war klar, dass Handlungsbedarf besteht. Aber es war auch klar, dass man einen Darsteller nicht fragen kann, ob er nur ein Jahr Jedermann sein will. Das wäre sozusagen ein Lückenbüßer.“
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Für ein Jahr hätte er auch keine Neuinszenierung gemacht, sagt er. „Markus Hinterhäuser hat uns felsenfest zugesagt, dass das für zwei Jahre fix ist – wie er noch im Sommer öffentlich gesagt hat: ,Darüber reden wir gar nicht.‛ Und jetzt hat er offenbar beschlossen: Wir müssen doch eine neue Duftnote setzen.“
"Nicht der schlechteste Stil"
Die Vorgangsweise, Maertens und Sturminger telefonisch zu informieren (durch Davydova) und dann ein Mail ans gesamte Ensemble zu versenden, mit der Aussicht auf persönliche Gespräche, sei „nicht der schlechteste Stil“, sagte Hinterhäuser im ORF.
Dadurch, dass die Festspiele dieser Verständigung kein Pressestatement folgen ließen, fand die Meldung vergangenen Freitag unkontrolliert ihren Weg in die Medien. „Wenn man 50 Leuten eine Absage schickt, ist klar, dass sich das selbstständig macht“, sagt Sturminger. „So führt man keine riesige Kulturinstitution. Es ist wahnsinnig unfair uns gegenüber, nach sieben Jahren auf die schäbigste Art vor die Tür gesetzt zu werden. Ich werde mir da etwas überlegen, denn das ist auch rufschädigend, was hier passiert. Wenn Wortbruch laut Hinterhäuser nicht der schlechteste Stil sein soll, will ich nicht wissen, was er stilistisch sonst noch zu bieten hat.“
Für das Ensemble lässt er nun eine Sammelklage prüfen – der Regisseur berichtet von vielen entgeisterten Stimmen aus der Jedermann-Truppe. Ob es wirklich dazu kommt? „Das wird von verschiedenen Entwicklungen abhängen“, sagt Sturminger. „Aber die Arbeitsrechtler sagen uns: Es schaut gut aus.“
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