Salzburger Festspiele: "Nathan" und der große Schwindel

Salzburger Festspiele: "Nathan" und der große Schwindel
Ulrich Rasche inszenierte Lessings Toleranzdrama als monotone dreieinhalbstündige Wanderung auf der Drehbühne.

Ein Teil des Publikums auf der Perner-Insel war bereits zur Pause geflohen. Ein anderer trat sofort nach dem Ende die Flucht an. Die Verbliebenen aber feierten die Neuinszenierung von Lessings Toleranzdrama "Nathan der Weise" ganz groß ab: Langer Applaus, Jubel, Bravos.

Möglicherweise applaudierten sie ja sich selber. Verdient. Denn es war eine große Leistung, diese vier Stunden (inklusive Pause) bei vollem Bewusstsein überstanden zu haben.

Ulrich Rasche (Regie und Bühne) inszenierte das Stück als große Wanderung auf der sich pausenlos drehenden Bühne. Beim Zuschauen stellte sich rasch starkes Schwindelgefühl ein. Die Schauspieler bewegten nur die Beine, der übrige Körper und die Arme blieben steif, die Gesichter ausdruckslos, es gab (fast) keine Interaktion, der Text wurde in Zeitlupe monoton vorgetragen.

Die große Leistung der Schauspieler bestand darin, diese Tortur körperlich zu bewältigen und sich die Schrittfolgen-Choreographie zu merken.

Warum die Rolle des Nathan mit einer Frau besetzt wurde, bleibt unerklärlich, aber die wunderbare Valery Tscheplanowa könnte ein großartiger Nathan sein, was in dieser Inszenierung aber kaum zu überprüfen ist.

Was das alles soll? Möglicherweise steckt dahinter ja ganz große Kunst. Möglicherweise aber auch nicht.

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