Purzl Klingohr zum 80er: Eine filmreife Karriere als Mensch

"Bis 80 ist Pflicht“, sagte einst Werner Schneyder ( 2019 mit 82) zu seinem 80er, „ab 80 ist Kür.“ – „Ich lass’ meine Kinder ungern alleine“, sagt „Purzl“ Klingohr zu seinem 80er, den er heute Abend im Theater am Petersplatz feiert, „ich möcht’ noch ein paar Filme drehen, ehe ich, wie es bei den Freimaurern heißt, in den ewigen Osten gehe ... Wenn’s so weit is, kann’s mir wurscht sein, ob meine Asche ins Meer, in die Alpen oder aufs Glatteis gestreut wird.“
Nein, an ein Leben nach dem Tod glaubt er nicht, und das, obwohl er doch erst unlängst in den Schoß der katholischen Kirche zurückkehrte: „Nur wegen dem Toni Faber. Der ist als großer Mensch mit kleinen Webfehlern eine Art Gottesbeweis für mich.“
Nur ServusTV gratuliert
Der Grazer, der als „Ausgestoßener“ in einem Kellerloch am Rande der Stadt und der Gemeinschaft aufwuchs (sein Vater war als „belasteter“ Nazi über Nacht als Outlaw geächtet), hat den Schauplatz seiner Geburtstagsparty mit Bedacht gewählt. Denn ...
... dort, wo vor Jahrzehnten in „Fatty’s Saloon“ (damalige Hunger-)Künstler wie der Klaviervirtuose Friedrich Gulda und der phantastische Realist Ernst Fuchs wohnten, dort, bei Klarinetten-Legende Fatty George ( 1982) im größten Jazzklub Europas, bestach der blutjunge rotblonde Bursche nächtelang als Eintänzer (eine Art Gigolo), so wie der spätere Großverleger Ulrich Schulenburg (heute ebenso Ehrengast wie die Vranitzkys, Häupl, Ludwig, Serafin, Attersee, Seberg, Bernhard Paul, Steinhauer oder Rapp). Auch ORF-General Weißmann ist angesagt, ungeachtet der „Unbeachtung“ durch Klingohrs Heimatsender – „nur“ ServusTV widmet ihm morgen, Mittwoch (21.15 Uhr), ein angemessen großes Special: „Purzl Klingohr – eine österreichische Fernsehlegende“. Nach vielen Tausend Seitenblicken, gut 50 Folgen Universum, Taxi Orange und und und kreißt der Küniglberg nicht einmal.

Familie. Der am 30. 1. 1944 geborene Grazer aus bescheidenen Verhältnissen ist seit 53 Jahren mit Charity-Ikone Inge (mit 6,5 Millionen Euro Spenden dank der Seitenblicke-Gala für Licht ins Dunkel seit 1997) verheiratet. 2012 übergab das Paar die vor 55 Jahren gegründete Filmproduktion Interspot an die beiden Söhne Nils (49) und Niki (46), die er für seine „größte Errungenschaft“ hält.
Film und Fernsehen Vor 27 Jahren übernahm Rudolf (so sein verklungener Taufname) Klingohr die Produktion der täglichen ORF-Society-Rubrik „Seitenblicke“. Zu den Highlights seiner Karriere zählen neben „Taxi Orange“ oder „Frisch gekocht ist halb gewonnen“ vor allem aber gut 50 Universum-Folgen (die ersten überhaupt aus Österreich) mit dem Quotenhit über die Stubenfliege.
Unfälle Zu Weihnachten 1977 brach sich Purzl bei einem Unfall zwei Halswirbel, weitere fünf „wurden ausg’hängt“. Vor wenigen Jahren zog er sich bei einem Sturz im eigenen Boot eine komplizierte Knöchelfraktur zu. 1975 war er an Bord eines Kleinflugzeugs, das am Attersee (im Zuge eines Films über Christian Ludwig Attersee) eine Bruchlandung hinlegte, die glimpflich endete. Seit seinem 60er hat er vier Stents und einen Herzschrittmacher.
Leidenschaften Der große Genießer führt seit 2016 das gehobene Restaurant „Purzls Paradiesgartl“ (1230, Wiegelestr. 26, Mo.–Sa. 11.30–21.00). Bei Wiener Schnitzel vom Kalb bestechen oft seine umfassenden Kenntnisse als „Wagnerianer“ (sowohl Richard als auch Otto).
Auszeichnungen Der Jubilar ist längst eine feste Größe in der Champions League der ROMY-Sieger: 5 x Gold und 1 x Platin fürs Lebenswerk (2021). Er trägt auch Gold von Wien und Niederösterreich und das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst sowie den „kleinen Tiroler Adler“ (für seine Hansi-Hinterseer-Abende im ORF). DC

Alles begann im Zirkus
Als „Purzl“ mit fünf noch von Spielkameraden bei Schneeballschlachten mit Rossknödeln beschossen wurde und man ihm die Schultasche anpinkelte, floh er – wie häufig seither – in eine Fantasiewelt.
Er kroch durch eine tagelang ausgespähte Lücke ins Zelt des Zirkus Krone und verfolgte den Zauber zwischen den Zehen der zahlenden Zuschauer. Ein livrierter Ordner erwischte ihn, zerrte ihn vorbei an einem riesigen dunkelhäutigen Athleten, einer exotischen Prinzessin und einem Mogul mit Turban auf einem echten Löwen in den Wagen der Direktorin. Standpauke!
„Ja, sie schimpfte, aber sie drückte mir einen Pack Werbezettel in die Hand – wenn du alle verteilt hast, darfst du gratis rein. Ich habe kein einziges Blattl weggeschmissen – mein Schlüssel zum Erfolg ab diesem Erlebnis lautet: Liebe, Neugier und Verlässlichkeit.“
Alle 80 zum Purzl-Tag!
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