Rudi Dolezal: "Ein Weltstar ist Conchita noch lange nicht"
KURIER: Herr Dolezal, Conchita Wurst wird vom Boulevard als Weltstar gefeiert. Ist Conchita das schon?
Rudi Dolezal: Ein Weltstar ist Conchita Wurst natürlich noch lange nicht. Der Eurovision Song Contest ist der erste Schritt dazu. Conchita darf sich jetzt nicht von der Hysterie anstecken lassen und darf nicht den Fehler machen, ihre eigene Presseaussendung zu glauben. Sie hat die Chance, ein Weltstar zu werden, wenn Conchita die richtigen Schritte setzt.
Was sind nun die richtigen Schritte?
Wäre ich in ihrer Situation – ohne Plattenvertrag –, dann würde ich auf keinen Fall ein österreichisches Angebot unterschreiben, sondern nach England oder in die USA gehen und versuchen, dort einen Plattenvertrag zu bekommen. Punkt zwei ist, dass Conchita neben ihrem österreichischen Management auch ein internationales Management braucht, das in der Musikwelt gut vernetzt ist. Dann würde ich einen Fünf-Jahres-Plan erstellen, wo sie ihre Ziele genau definiert.
Welches Management müsste Conchita sich jetzt angeln?
Das müsste ein Kaliber wie Clive Davis sein, der Whitney Houston oder Bruce Springsteen groß gemacht hat. Die Vermarktung eines Künstlers mit TV-Stationen und Radiosendern ist heute eine Wissenschaft.
Das Ziel von Conchita Wurst ist bekannt: Sie will einen Grammy. Ist das realistisch?
Das ist ein Projekt, das spannend wäre. Falco beispielsweise ist nie in die Nähe eines Grammys gekommen. Grammy bedeutet, dass man eine seriöse Veröffentlichung in den USA hat. In der Kategorie "Beste Ballade" hätte Conchita durchaus Chancen, weil sie singen kann. Aber: Es werden aus den Tausenden Anwärtern nur fünf Künstler oder Songs pro Kategorie nominiert. Randy Newman hat mir einmal erzählt, dass er 17-mal nominiert war, bevor er den ersten Grammy gewonnen hat.
Conchita Wurst betont, dass sie den Eurovision Song Contest nicht für Österreich, sondern für sich gewonnen hat. Wie beurteilen Sie diese Strategie?
Künstler müssen Egomanen sein, wenn sie erfolgreich sein wollen. Dass Conchita nun im Moment des Triumphs nur an sich denkt, ist völlig normal. Ich würde sogar sagen, Conchita hat den Song Contest gewonnen, obwohl und nicht weil sie Österreicherin ist. Elton John hat bei einem Abendessen mit Freddie Mercury gesagt: Als Künstler muss man lernen, dass man für jeden Karriereschritt, etwas Wichtiges zurücklassen muss. Das können Freunde sein, aber das kann auch vielleicht das Heimatland sein, das einen auf einmal nicht mehr versteht.
Wer hat aus Ihrer Sicht mehr Anteil am Erfolg: die Kunstfigur oder der Song?
Der Song war sehr gut ausgewählt. Aber mit welcher Grandezza und mit welcher Qualität Conchita auftritt, ist unglaublich. Die Message kommt bei Conchita nicht mit dem Holzhammer. Ihre Botschaften passieren ganz zärtlich und fast von hintenherum. Dazu kommt, dass sie bis jetzt grandiose Interviews gab. So sagt sie: "We are unstoppable." Und nicht: "Gays of the world, we unite." Conchita polarisiert – aber dezent. Sie schafft es, ein Mysterium aufzubauen.
Sie waren ein Falco-Insider. Was hätte er zu Conchita gesagt?
Ich glaube, Falco hätte mich noch in der Nacht angerufen und gesagt: "Rudi, stell ma ein Duett mit der Alten auf." Er hätte das sofort kapiert.
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