ROMY-nominierter Wifo-Chef: "Glückwunschkarterl bekommt man keines"

PK WIFO/IHS "KONJUNKTURPROGNOSE 2025 UND 2026 - SOMMERPROGNOSE": FELBERMAYR
Gabriel Felbermayr. Der Top-Ökonom und Wifo-Chef mag die Rolle als Wirtschaftserklärer des Landes.

Er ist im Fernsehen wesentlich präsenter als andere Wirtschaftsexperten und scheut nicht vor konkreten, wenn auch manchmal kontroversiellen Ratschlägen an die Politik zurück. Top-Ökonom und Wifo-Chef Gabriel Felbermayr ist einer, der sich einmischt und das mit klaren, verständlichen Worten – was bei komplexen Wirtschaftsthemen nicht jedem seiner Zunft gegeben ist.

Wenig verwunderlich hat sich Felbermayr im Eiltempo zum Wirtschaftserklärer der Nation entwickelt. Und er mag diese Rolle durchaus: „Ich wäre falsch am Platz, wenn mir das keinen Spaß machen würde.“

Mit Kritik hat Felbermayr umgehen gelernt, etwa wenn Prognosen aufgrund einer neuen Datenlage wieder und wieder revidiert werden müssen. Die Freude ist dann umso größer, wenn ein politischer Vorschlag aufgeht. „Ich bin fast hingerichtet worden, als ich und andere vorgeschlagen haben, den Beamten-Abschluss wieder aufzuschnüren. Genau das ist jetzt geglückt. Die kleinen Erfolge machen es aus, aber Glückwunschkarterl bekommt man keines.“

Was dem Vater dreier Töchter, verheiratet mit einer französischen Betriebswirtin, zum Wettbewerbsvorteil gereicht, ist neben der inhaltlichen Kompetenz seine umgängliche Art. Er sei vor allem ein Pragmatiker, sagen Mitarbeiter und Kollegen über Felbermayr, der nicht ins traditionelle Links-Rechts-Schema passt. Selbst die Konkurrenz streut ihm Rosen.

Solides Fundament

IHS-Direktor Holger Bonin, der sich regelmäßig mit Felbermayr das mediale Rampenlicht teilen muss, dabei aber gewissermaßen in seinem Schatten steht, sagt: „Er ist ein sehr kooperativer Kollege, mit hervorragenden Ideen, den viele bewundern, für das, was er tut. Und er ist ein exzellenter Forscher. Das ist in der Politikberatung und Kommentierung des Geschehens sein solides Fundament. Da ist er vorbildlich.“

Heimatliebe

Felbermayrs Sprache geprägt haben wohl die 16 Jahre in Deutschland, die ihn über Professuren in Tübingen, Stuttgart und München zuletzt von 2019 bis 2021 als Präsident des renommierten Instituts für Weltwirtschaft (IfW) bis nach Kiel geführt haben. Den gebürtigen Oberösterreicher aus Steyr hört man jedenfalls nicht mehr heraus. Warum ging’s dann zurück nach Österreich? „Es war die Heimatliebe, verbunden mit Familienbelangen, und Corona hat das noch zusätzlich scharf gestellt“, sagt der Wifo-Chef über seinen Wechsel vor vier Jahren ans Wifo nach Wien.

Da werkt und lehrt und kommentiert er nun. Ob sein jüngster Vorschlag zur Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel aufgeht wie jener zum Beamten-Abschluss, bleibt abzuwarten. Anerkennung gibt es auch anderswo. Für seine Arbeit hat der 49-Jährige viele Preise eingeheimst.

Eine ROMY fehlt ihm noch, die Kategorie „TV-Analyse“ ist neu. Eine Art Analogie gibt es freilich: Vor einem Jahr wählte ihn der Trend zum „Mann des Jahres“ 2025 in Österreich. Die Begründung: Felbermayr sorge mit „grundvernünftigen Vorschlägen für Reformdruck“. Er sei längst das „ökonomische Gewissen“ des Landes, der „Hugo Portisch der Ökonomie“.

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