Christoph Luser: Ein Mann für abgründige Fälle

Christoph Luser: „Ich würde wahnsinnig gern in einer Komödie spielen.
Es muss nicht die Hauptrolle sein, sagt Christoph Luser, „aber es muss eine spannende Figur sein“.
Spannend – das kann auch der Gärtner sein, der einen gesamten Film hindurch kein Wort sagt, sondern nur beobachtet: „Es kommt nicht auf die Größe oder die Textmenge an. Eine Figur muss einen Kern, eine innere Auseinandersetzung haben. Es geht darum, dass ich etwas zum Denken habe.“
In dem ORF-Landkrimi „Dunkle Wasser“ der Brüder Arash T. und Arman T. Riahi hatte Christoph Luser beides: eine spannende Figur und eine Hauptrolle – und wurde dafür mit einer ROMY-Nominierung als beliebtester Schauspieler in der Kategorie TV/Streaming belohnt: „Ich finde es unglaublich schön und freue mich“, so der 1980 in Graz geborene Darsteller zum KURIER. In „Dunkle Wasser“ tritt Christoph Luser als Chefinspektor Rafael Dorner auf den Plan, um einen Mädchenmord zu lösen. Dorner stammt selbst aus der Dorfgemeinschaft rund um den Mattsee und ist mit allen Beteiligten verstrickt. Zudem ist er psychisch stark angeschlagen, weil sich seine Partnerin umgebracht hat.

Angeschlagener Kommissar: Christoph Luser im Landkrimi "Dunkle Wasser"
Krimi-Arbeit im Fernsehen ist Luser gewöhnt, er tritt in TV-Formaten wie „Tatort“, „SOKO Donau“ und „Der Pass“ sowohl auf der Seite der Guten als auch der Verdächtigen in Erscheinung. Die Rolle in „Dunkle Wasser“ fand er aufgrund ihres Facettenreichtums – „auch in den Abgründen“ – ganz besonders interessant, denn „normalerweise fragt man als Kommissar ja immer nur: Wo waren Sie zwischen acht und zehn?“
In „Dunkle Wasser“ aber „habe ich mich auch gequält“: „Meine Figur hat viele falsche Abzweigungen genommen. Aber eigentlich sind das schöne Charaktere: Sie versuchen, etwas richtig zu machen, laufen dann aber doch in die verkehrte Richtung. Für einen Schauspieler sind das tolle Aufgaben, gerade für mich.“
Tatsächlich ist Christoph Luser auf gebrochene Helden abonniert: „Ich bekomme meist solche Figuren angeboten, die schlechte Entscheidungen getroffen haben und sie dann ausbaden müssen.“ Aber er verwehre sich dagegen, dass er viele „negative, auf den ersten Blick böse Figuren“ spiele: „Das wird mir oft angedichtet.“ Vielmehr handle es sich um solche, die etwas zu verlieren haben und um etwas kämpfen. So wie in seiner ersten großen Kinorolle in Wolfgang Murnbergers Krimi-Verfilmung „Der Knochenmann“, zum Beispiel. Da spiele er jemanden, der um sein Erbe kämpft und dann zu falschen Mitteln greift: „Ich versuche immer, die Figuren in ihrer Not zu verstehen.“
Gehörnter Ehemann
Manchmal sei es gar nicht so leicht, abgründige Figuren, in die man sich Tage und Wochen hineingearbeitet hat, wieder loszuwerden: „Auf der Schauspielschule lernt man nur, in eine Rolle hineinzufinden, aber nicht, wieder herauszukommen. Da hilft einem keiner.“ Er selbst baut Druck mit Tennisspielen und langen Spaziergängen im Wiener Prater ab.

Verstrickt mit der Dorfgemeinschaft: Christoph Luser in "Dunkle Wasser".
Warum er tendenziell düstere Rollen angeboten bekommt?
„Vielleicht habe ich dieses dramatische Gesicht. Und es ist leider auch so, dass die Leute in Schubladen denken“, grübelt Luser, muss dann aber lachen: „Ich bin sehr lustig. Ich würde wahnsinnig gern in einer Komödie spielen – den gehörnten Ehemann zum Beispiel. Her damit!“
Am Theater werde er nicht so auf die dramatischen Figuren festgelegt wie in Film und Fernsehen, findet Luser. Erst gestern habe er bei einer Vorstellung im Burgtheater in Shakespeares Komödie „Was ihr wollt“ den Prinzen Orlando gespielt, „ein melancholischer Prinz, lustig und skurril. So eine Rolle bekomme ich im Film und beim Fernsehen selten.“ Apropos Burgtheater: Bis vor Kurzem war er am Burgtheater engagiert, doch wurde sein Vertrag unter dem neuen Intendanten nicht verlängert: „Das war eine Überraschung, denn das Burgtheater war über viele Jahre meine künstlerische Heimat. Es war eine Aufgabe für mich, mit dieser Ablehnung umzugehen.“
Manchmal vermisse er das Theater, das gemeinsame Gestalten, das Ensemble, die Begegnung mit den Regisseuren – „das muss ich ehrlich sagen“. Dann wiederum „bin ich froh, dass ich aus dieser Fremdbestimmtheit heraußen bin, weil es mir mehr Freiheit gibt.“ Im Sommer stand Christoph Luser umjubelt als Teufel im „Jedermann“ auf der Bühne der Salzburger Festspiele – „ein unglaublich schöner Erfolg und ein tolles Theatererlebnis im Freien“.
Anfang nächsten Jahres ist er in der sechsteiligen Mini-Serie „Vienna Game“ auf Disney+ zu sehen, wo er sich als Graf während des Wiener Kongresses zwischen Liebe und Pflicht entscheiden muss.
Im Kino schließlich war er für zwei Hauptrollen besetzt, doch beide Filme erhielten im Zuge der Sparmaßnahmen keine Förderung: „Da begann ein spannender Prozess, weil man sehr viel Zeit hat, sich damit auseinanderzusetzen, was man wirklich will. Ich sehe das als wertvolle Zeit. Und wenn eine Tür zugeht, besteht immer die Hoffnung, dass eine andere aufgeht.“
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